Mo.-Fr., 8 – 17 Uhr

ÄRGER MIT DEN MILCHZÄHNEN

Jan 30, 2023 | Gastautor

Text: Dr. Simone Möllenbeck

„Es ist doch nur ein Milchzahn!“ wird mir regelmäßig in meiner Sprechstunde erwidert, wenn ich klinisch relevante Befunde im Gebiss eines Jungtieres erhebe. Dieser Aussage muss ich oftmals strickt widersprechen, da Probleme an den Milchzähnen sogar zu gravierenden Erkrankungen an den Erwachsenenzähnen führen können. In welchen Fällen Sie sofort in die Sprechstunde kommen müssen und wann Sie mal abwarten dürfen, das erfahren Sie beim Weiterlesen.

Der Hund verfügt in seinem Milchgebiss über 28 Zähne. Im Sinne eines Trainingsgebisses sind auch schon beim Welpen Schneide-, Fang- und Backenzähne angelegt. Die Katze besitzt übrigens im Welpenalter nur 26 Zähne, da sie im Unterkiefer beidseitig einen Backenzahn weniger als der Hund hat. Der Zahnwechsel findet bei beiden Tierarten im dritten bis siebten Lebensmonat statt. Die Schneidezähne sind die ersten Vertreter des bleibenden Gebisses. Es folgen diverse Backenzähne und zwischenzeitlich die Fangzähne, deren Wechsel gerade bei den Zwerghunderassen und den kurznasigen Katzenrassen unbedingt beobachtet werden muss, da im Falle eines verzögerten Zahnausfalls große Probleme auftreten können.

Wenn Milchzähne nicht oder verspätet ausfallen, dann sprechen wir von einer Milchzahnpersistenz.  Finden durch den Verbleib der Milchzähne die Erwachsenenzähne keinen Platz und werden fehl-geleitet, dann kann es zu Einbissen in der Maulhöhle kommen, wobei sich das Tier selbst verletzt. 

Daher empfehle ich gerade bei prädisponierten Rassen, wie beispielsweise Pudel, Dackel, Terrier und Chihuahuas, dass Hundebesitzer sich mit dem Zahnwechsel ihres Lieblings vertraut machen und bei Problemen frühzeitig eine Zahnsprechstunde für Tiere aufsuchen. So können Entzündungen und kieferorthopädische Probleme verhindert werden, indem die persistierenden Milchzähne fachgerecht entfernt werden. Erscheint der bleibende Zahn gar nicht, dann ist entweder der betroffene Zahn nicht angelegt oder der Milchzahn verhindert das Hochwachsen seines Nachfolgers. Klarheit bringen hier nur dentale Röntgenaufnahmen in einer Tierarztpraxis mit entsprechender Ausstattung. Hier wird dann entschieden, ob bei Nichtanlage des bleibenden Zahns der Milchzahn dem Gebiss zumindest ein paar Jahre zuträglich sein kann oder ob es besser ist, ihn gleich zu entfernen.

Auch die Fraktur der sehr grazilen Milchzähne ist nicht zu unterschätzen. Vor allem die spitzen Fangzähne sind sehr verletzungsgefährdet. Über den eröffneten Milchzahn können Bakterien bis zur Anlage des bleibenden Zahns wandern und diesen schädigen oder sogar zerstören. Früh entdeckt, können frakturierte Milchzähne mit einer Füllung versorgt werden. In den meisten Fällen wird aber auch hier die Extraktion des Milchzahns bevorzugt.

Nicht zuletzt sind Einbisse der Milchzähne in Lippen oder Gaumen zu nennen, die sich aus Missverhältnissen von Ober- und Unterkiefer ergeben. Ist der Unterkiefer zu kurz oder zu schmal, beißen schon die Milchfangzähne oftmals in die Schleimhaut des Gaumens ein. Ist der Unterkiefer zu lang oder der Oberkiefer zu kurz, entstehen Probleme seltener. Hier ist der Einbiss des unteren Fangzahns in die Schneidezahnreihe im Oberkiefer zu nennen. Ob Ihr Hund auch risikogefährdet ist, erfahren Sie in der Zahnsprechstunde.

Genau wie in der Humanmedizin können Sie schon im Welpenalter prophylaktische Maßnahmen ergreifen, um die Zahngesundheit Ihres Vierbeiners zu fördern. An erster Stelle stehen hier die regelmäßigen Zahnkontrollen in häuslicher Umgebung. Ein Junghund, der die Maulhöhlenuntersuchung bereits duldet, ist beim Tierarzt deutlich weniger gestresst. Daher setzen Sie Ihren Liebling ruhig mehrmals die Woche auf einen Tisch, lassen ihn anfangs von einer zweiten Person festhalten und werfen mal einen Blick ins Maul. Darüber hinaus empfehle ich, Fotos vom Zahnwechsel zu machen. Zum einen erlaubt Ihnen das Bild einen längeren Blick aufs Gebiss und zum anderen können die Aufnahmen auch bei einer speziellen Fragestellung versendet werden. Zum Schluss möchte ich nochmals betonen,

dass der Spruch „Es ist doch nur ein Milchzahn!“ nicht geäußert werden sollte. Nicht ausgefallene Milchzähne, Verletzungen und Fehlstellungen im Milchgebiss führen oft zu gravierenden Problemen, die lebenslange Schädigungen nach sich ziehen können. Der regelmäßige Blick ins Maul des Junghundes lässt solche Auffälligkeiten früh entdecken und dient der Prophylaxe.

Vor allem Ihren Vierbeinern wünsche ich eine sehr hervorragende Zahngesundheit und, dass Sie weiterhin kraftvoll zubeißen können – bevorzugt in diverses Futter, Spielzeug oder Kauartikel. In der Märzausgabe werde ich über den erhöhten Augeninnendruck schreiben. Bis dahin wünsche ich Ihnen eine gute Zeit.

Ihre Dr. Simone Möllenbeck

Dr. Simone Möllenbeck Zusatzbezeichnung Zahnheilkunde

Hovesath 7 · 46414 Rhede 
Tel.: 0 28 72 – 80 33 44
Mobil: 0 151 – 5 69 64 3 64

www.rhede-tierarzt.de