Text: Dr. simone Möllenbeck
Ich verstehe mich durch und durch als Schulmedizinerin. So juckt es mich immer wieder, wenn Bellos Juckreiz, Tiffis Scheinträchtigkeit oder die asthmatischen Zustände der Kätzin Mona ganz natürlich und homöopathisch behandelt werden sollen.
In Zeiten der Diskussion um Nebenwirkungen und Antibiotikaresistenzen ist der Wunsch der Tierbesitzer völlig legitim, solche unerwünschten Wirkungen zu vermeiden. Fragt sich nur, ob eine Arznei, die in hoher Potenz noch nicht einmal ein Molekül einer wirksamen Substanz enthält, überhaupt eine Wirkung hervorrufen kann. „Alles für die Katz?“ lautet also immer wieder die zentrale Frage der Kritiker der Homöopathie.
Das Prinzip der Homöopathie lautet: „Gleiches mit Gleichem Heilen“. Das dachte sich der klassische Homöopath Hahnemann und entwickelte vor etwa 200 Jahren eine Lehre, die besagt, dass ein Stoff, der die Symptome einer Krankheit bei Gesunden hervorruft, in niedrigsten Dosierungen das Immunsystem stimuliert. Im Sinne der Regulationstherapie soll der Körper aus eigener Kraft die Krankheit ausmerzen. Die hochgradige Verdünnung des Stoffes (Potenzierung) führt nach Hahnemann sogar zur Verstärkung der Wirkung, ein Prinzip, das nach naturwissenschaftlichen Vorstellungen nicht nachvollziehbar ist.
Ich höre oft die Argumentation, dass man schließlich mit einem homöopathischen Versuch nichts kaputt machen kann. Nein? Ist das so? Das sehe ich kritisch. Wird erstens ein laienhafter Versuch bei einer akuten Krankheit wie beispielsweise Kollaps, starke Blutung oder Kolik unternommen, dann setzt man unter Umständen sogar das Leben des Patienten aufs Spiel.
Erschwerend kommt hinzu, dass Tiere nicht verbal ihre Leiden äußern können. Daraus ergibt sich meine Devise, wenn homöopathisch behandelt werden soll, dann muss zuvor eine gründliche, medizinische Diagnostik von einer Tierärztin oder einem Tierarzt Ihres Vertrauens vorgenommen werden. Ansonsten kann aus einer vermeidbaren Situation schnell ein Katzenjammer werden. Zweitens können auch Homöopathika unter Umständen Nebenwirkungen hervorrufen, und hier spreche ich nicht von der allseits bekannten Erstverschlechterung. Mein hochgeschätzter Pharmakologieprofessor führte zu diesem Thema ein Exempel an: Thallium, ein Schwermetall, das auch als
Rattengift benutzt wird, verweilt viele Wochen im Körper. Gesunden lichtet es das Haupt, also wird es homöopathisch gegen Haarausfall eingesetzt. In niedriger Potenz und langfristig gegeben, kann es zur Anreicherung im Körper und sogar zu Vergiftungserscheinungen kommen. Das sind dann heftige Nebenwirkungen! Daraus ergibt sich die Empfehlung, dass gift- oder krebserregende Stoffe auch nicht homöopathisch einzusetzen sind. Außerdem sind wie bei jedem anderen Wirkstoff auch bei der Gabe von Homöopathika allergische Reaktionen nicht auszuschließen. Beobachten Sie Ihr Tier deshalb bitte ganz genau, wenn Sie Globuli oder Essenzen verabreichen und melden sich in einer Tierarztpraxis, wenn Sie unerwünschte Nebenwirkungen bei Ihrem Vierbeiner beobachten.
Es ist unbestritten, dass durch homöopathische Behandlungen an Patienten therapeutische Wirkungen erzielt werden. Der Glaube versetzt Berge, behaupten hierzu die Kritiker und meinen, dass bei einer engen Besitzer-Tier-Beziehung die positive Grundstimmung durchaus auf den vierpfotigen Patienten übertragen werden kann. So soll ein sogenannter Placebo-Effekt zur Linderung der Leiden führen. Außerdem ist so manche Besserung durch den Spontanverlauf einer Erkrankung zu erklären. Die Anhänger halten dagegen, dass die Gabe von
Globuli an Schweinen, die in typischer Haltung bekanntlich keine
enge emotionale Beziehung zu ihrem Halter aufbauen, verglichen mit einer Placebogabe durchaus eine Besserung des Allgemeinbefindens fördere.
Schließlich sind wohl noch einige Studien nötig, um die Pro- oder Contra-Seite zu stärken. Ob die Homöopathie sicher hilft oder eben nicht, kann an dieser Stelle nicht abschließend geklärt werden, aber…
Wer heilt hat Recht! Das wird wohl immer so bleiben. Ob es dann an den angenehm zuckrig schmeckenden Globuli, am Alkohol in den Tropfen, am Glauben des Besitzers oder an den doch wirksamen homöopathischen Arzneien lag, das ist im Alltag nicht so wichtig. Schließlich haben wir alle nur eines im Sinn: Die Gesunderhaltung Ihres Vierbeiners. Und sehr wohl gibt es dann Umstände, in denen man sagt: Versuchen wir es, denn Versuch macht klug!
Ihnen wünsche ich eine gesunde Zeit, in der sie auf gar keine Arzneimittel zurückgreifen müssen und verabschiede mich mit der Idee zum nächsten Thema „Advent – Plätzchen backen für Bello und Miezi“.
Ihre Dr. Simone Möllenbeck