Jedes Augenleiden führt auch bei unseren tierischen Patienten zu besonderem Stress. Grund hierfür ist die enorme Sensibilität des Sinnesorgans Auge, sodass Entzündungen, Verletzungen und andere Augenerkrankungen zu einer hohen Schmerzhaftigkeit führen können. Auch die Tierhalter sind bei Problemen an den Augen ihrer Lieblinge zunehmend besorgt, da sie sehr wohl wissen, dass so manches Übel durchaus zur Einschränkung der Sehfähigkeit führen kann. Eine Besonderheit unter den Augenerkrankungen ist das Glaukom, denn der sogenannte „Grüne Star“ ist besonders schmerzhaft und führt bei Nichterkennung sehr schnell zur Erblindung.
Im Allgemeinen geht die Bezeichnung „Star“ aus mittelalterlichen Zeiten hervor. Augenerkrankungen, die mit einer Erblindung und einem starren Blick einhergingen, wurden so betitelt. Unterschieden wurde schon damals je nach Farbgebung in den vorderen Augenbereichen zwischen dem schwarzen, dem grauen und dem grünen Star. Die Bezeichnung „Schwarzer Star“ hat sich nicht bis heute durchgesetzt. Damals benannten die Star-Operateure jene Veränderungen im Auge so, die mit einer Erblindung sowie mit einer maximalen Weitstellung der Pupille und daher mit der Schwarzfärbung einhergingen. Versuche in solchen Fällen, die Linse zu entfernen (Star-Operation), misslangen und führten nicht zu dem gewünschten Erfolg der visuellen Besserung. Gut, dass es heutzutage bessere diagnostische Methoden als den einfachen Operationsversuch gibt.
Der viel häufiger diagnostizierte „Graue Star“ oder die Katarakt ist die meist altersbedingte Eintrübung der eigentlich klaren Augenlinse. Die Trübung führt zu einer Sehbeeinträchtigung und die Linse wirkt je nach Lich einfall grau eingefärbt, was zur Namensgebung geführt hat. In der Regel entwickelt sich diese altersbedingte Linsentrübung sehr langsam und behindert den Patienten kaum. Nur wenn die Katarakt in Folge einer genetischen Veranlagung oder bei internistischen Problemen akut auftritt, ist der Vierbeiner in Folge der starken Sehbehinderung sehr irritiert. In diesen Fällen kann die Star-Operation helfen und die Erblindung rückgängig machen.
Der „Grüne Star“ oder das Glaukom ist immer ein Notfall! Im Krankheitsverlauf kommt es innerhalb von wenigen Tagen zur Schädigung des Sehnervs und der im Augenhintergrund befindlichen Netzhaut. Die resultierenden visuellen Verluste sind nicht umkehrbar und können in kürzester Zeit zur Erblindung führen. Im Laufe der Erkrankung erscheint die Regenbogenhaut im Auge aufgrund der entzündlichen Prozesse zunehmend grünlich, was in diesem Fall zur Namensgebung führte. Das Glaukom geht immer mit der Zunahme des inneren Augendrucks einher. Um dies zu verstehen, ist das Wissen wichtig, dass das vom Ziliarkörper gebildete Augenwasser aus der hinteren Augenkammer durch die Pupille in die vordere Augenkammer fließt und dann durch einen Kanal in dem Maße abläuft, dass am gesunden Auge ein Gleichgewicht zwischen Zu- und Abfluss der Flüssigkeit besteht. Wird zu viel Kammerwasser gebildet oder fliest das Augenwasser nicht genügend ab, dann nimmt der Augendruck rasch zu. Kann die Ursache für die Störung des Kammerwasser-Gleichgewichts nicht gefunden werden, dann sprechen wir von einem primären Glaukom. Führen ursächlich Entzündungen, Degenerationen, Verletzungen oder tumoröse Veränderungen zu dieser Störung, dann handelt es sich um ein sekundäres Glaukom. Werden in der Sprechstunde Symptome wie Augenrötung, verbunden mit Lichtstarre der Pupille und eventuell sogar eine tastbare Erhöhung des Augendrucks erkannt, dann muss der Vierbeiner sofort von einer augenheilkundlich ausgestatten Praxis oder Klinik versorgt werden. Nur hier können weitere Untersuchungen mit entsprechenden Geräten zur Bestimmung des Augeninnendrucks (Tonometer) und zur Darstellung der verschiedenen Augenstrukturen (Spaltlampe) durchgeführt werden. Im besten Fall kann die Verabreichung von druckmindernden Augentropfen zur Senkung und Stabilisierung des Augendrucks führen. Früh erkannt und sofort behandelt kann die Sehfähigkeit erhalten bleiben. Bei sehr aggressiven Verläufen kommt es schon innerhalb von Stunden aufgrund der Entzündungen und Durchblutungsstörungen am Sehnerv zur Erblindung. Aus diesem Grunde werden Fälle, die auf die medikamentöse Therapie nicht genügend ansprechen, analog zur Humanmedizin inzwischen von Augenspezialisten chirurgisch versorgt. Hilft alles nichts und ist der Patient bereits erblindet, dann kann darüber nachgedacht werden, ob das Herausnehmen des Auges sinnvoll ist, um dem Patienten unnötige Schmerzen zu ersparen. Inzwischen ist die Tonometrie zur Überprüfung des Augeninnendrucks im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung aber in vielen Tierarztpraxen ein wertvolles
Hilfsmittel zur Frühdiagnostik des Glaukoms, so dass die hochakuten Verläufe in der Regel frühzeitig verhindert werden können.
Last but not least ist es mir ein Anliegen, nochmals darauf hinzuweisen, dass Erkrankungen an den Augen, egal welcher Art, nicht unterschätzt werden dürfen. Zum einen sind Augenleiden hochgradig schmerzhaft und zum anderen führen solche Übel teilweise sehr schnell zu Beeinträchtigungen der Sehfähigkeit. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, dass sie die Schönheit des kommenden Frühlings uneingeschränkt mit Ihren tierischen Begleitern bewundern können und verbleibe mit den besten Grüßen bis zu meinem nächsten Artikel „Pro und Contra der Kastration“.
Ihre Dr. Simone Möllenbeck