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Hape, Hase, Huhn und Hu

von | Nov 28, 2022 | Specials

Text: Barbara Belting

Hape war mit seiner Mami beim Schwimmunterricht gewesen. Jetzt wollten sie schnell, frisch geduscht, nach Hause. Hape war fast drei Jahre alt und sollte im Sommer in den Kindergarten kommen. Und bis dahin war noch genug Zeit, um Schwimmen zu lernen, gerade weil es den beiden immer so viel Spaß macht.

Auf dem Weg zum Auto fiel ihnen schon eine Katze auf. Da dachten sie noch, die Katze würde eines von den frisch geschlüpften Vögelchen holen. Hape begann zu rufen, um die Katze zu erschrecken und wedelte mit seiner Jacke. Dann machte sie einen großen Satz und verschwand im angrenzenden Graben. Sie wollten schon weiter laufen, da bemerkten sie etwas kleines, flauschiges, dass da im Gras lag. Vorsichtig ging Hape auf das kleine Tier zu und sagte „Hu“. Mutti kam dazu und beruhigte den kleinen Hape, der total aufgeregt war. Er wollte das Eichhörnchen schon aufheben, aber Mutti hielt ihn ab und sagte, dass sich das Tier erschrecken und in seiner Not beißen könnte. Dann nahm sie eines von den Handtüchern aus der Tasche und nahm das kleine Wesen vorsichtig  auf. Sie blieben eine Weile stehen. Es hätte ja sein können,  dass die Eichhörnchenmutter sich nur erschrocken hatte und das Baby wieder zum Nistplatz bringt, aber es tat sich nichts.  Hape fragte, was jetzt zu tun sei? Mama hatte Hape angeschnallt und ihm das Eichhörnchen  vorsichtig in die Hände gelegt. Er drückte es vorsichtig an sich und sagte:
„Dann heißt du Hu.“  „Hu? Wie kommst du darauf?“, fragte Mama. Hape sagte: „Weil ich mich so sehr erschrocken hatte. Und wenn wir nachher nach Hause kommen, lernen wir ja die ganzen anderen Tiere kennen, da sind ja auch noch unsere Hasen und die Hühner, und alle haben Namen, und dann gehört jetzt auch Hu dazu.“ Beide mussten lachen. 

„Wir fahren jetzt erst zum Tierarzt und lassen das Tierchen untersuchen. Dann gibt es einen Tiernotruf, wo man sich melden kann, wenn man ein Eichhörnchen gefunden hat. Und mit etwas Glück können wir das Eichhörnchen groß ziehen und später auswildern.“

Den Tierarzt kannte Hape schon. Mama fährt auch immer mit den Hasen und Hühnern hin, wenn sie krank sind oder eine Impfung brauchen. Der Arzt sah sich das kleine Eichhörnchen von allen Seiten an und fühlte die kleinen Knochen, ob eventuell etwas gebrochen ist. Dann sagte er: „Ich kann jetzt nichts außergewöhnliches feststellen, das Tierchen macht einen gesunden Eindruck. Es wird jetzt ungefähr sechs Wochen alt sein. Du kannst ihn schon füttern, am Besten gibst du ihm Sonnenblumenkerne, Kürbiskerne, Rosinen, Apfelstückchen, geriebene Karotten und Weintrauben. Zu trinken gibst du ihm  Fencheltee“. Dann sagte Mama dem Tierarzt, dass sie den Opa bitten würde, ein kleines Nest im Hühnerstall  zu bauen, wo Hu sich in Ruhe erholen könnte.

Zuhause angekommen, rief Hape gleich den Opa an, und der versprach, direkt vorbei zu kommen. Hape und Hu hatten sich schon richtig angefreundet und Hu fand es total klasse, wenn er unter die Jacke huschen konnte. Da war er warm und sicher.  Opa hatte aus Holzresten einen kleinen Nistkasten gebaut, mit allem pipapo, ein Kletterseil hatte er auch angeschraubt, auf dem Hu rauf und runter klettern konnte. Ungefähr auf der unteren Hälfte gab es eine Futterstation mit frischem Wasser und Nüssen. Jeden Tag fütterte Hape den kleinen Hu. Sie hatten sogar schon einige kleine Kunststückchen eingeübt. Zur Belohnung gab es eine kleine
Erdnuss oder Rosine. Das Schönste war aber immer, wenn Hape und Hu schmusen konnten und der kleine buschige Schweif unter dem Pulli oder der Jacke verschwand. 

Und dann war Hapes erster Kindergartentag. Die Mütter hatten zur Aufgabe, für die Kinder ein kleines „Trostbuch“ zu basteln, für den Fall, dass die Kinder mal traurig sind. Mamas erster Gedanke war natürlich Hu. Sie fotografierte ihn gleich zweimal, einmal von vorne und einmal von der Seite. Und Hape erzählte auch gleich allen, wie sie Hu gefunden hatten. Und dann kam die Kindergartenleiterin auf die Idee, dass jeder etwas mitbringen sollte, was irgendwie besonders ist. Hape war begeistert und freute sich schon auf den nächsten Tag. 

Am nächsten Morgen packte Hape alles für den großen Ausflug zusammen, fürs Frühstück hatte er schon Apfelstückchen und Weintrauben eingepackt, weil Hu die ganz besonders mag. Dann ging es in die kleine Transportbox, in die Mama vorher noch eine kleine  Decke gelegt hatte, und dann ging’s los. Im Kindergarten angekommen stellte Hape die Box auf den Tisch. Die ersten Kinder hatten sich schon aufgestellt und schauten neugierig in den Käfig. Hape öffnete vorsichtig den Verschluss und holte Hu aus der Box. Der kleine Hu hatte nichts anderes zu tun, als den Ärmel hochzulaufen und los zu hüpfen, an den Kindern und den Blumentöpfen vorbei Richtung Fenster, wo er verschwand. Hape sah ihm nach und rief immer wieder: „Hu? Wo bist du? Komm zurück!“ Aber Hu war weg und kam nicht wieder. Tagelang stellte Hape frisches Wasser und die leckersten Nüsse in den Stall, aber Hu blieb verschwunden. Und Hape war sehr traurig. Er malte ein Bild von Hu und brachte es zu der Nachbarin, damit sie sich melden könnte, falls sie das Eichhörnchen sieht. Sie meinte noch, dass es auch sein könne, dass Hu überfahren wurde. Das machte Hape noch trauriger. 

Opa meinte, eine letzte Möglichkeit wäre, den Nistkasten nach draußen zu hängen, unter den Apfelbaum. Hape half fleißig mit. Opa machte den Kasten gut fest und das Seil wurde auch wieder aufgehangen. Zum Schluss stopften sie Stroh und Heu in die Box und Hape verteilte einige Walnüsse auf dem lockeren Boden. 

Hape dachte schon gar nicht mehr an das Eichhörnchen, ab und zu legte er noch etwas betrübt ein paar Haselnüsschen oder Kürbiskerne ab, aber dafür interessierten sich jetzt im Winter auch die vielen Vögel.

Zwei Tage vor Weihnachten wollten Hape und Mutti gerade losfahren, um die restlichen Einkäufe zu erledigen, da entdeckten sie Hu. Hape stürmte direkt nach draußen. „Endlich bist du wieder da“, rief er. „Ich hab dich so sehr vermisst. Du bist mein schönstes Geschenk zu Weihnachten.“ Hape konnte es gar nicht glauben, dass Hu tatsächlich wieder nach Hause gefunden hatte. Er versprach, eine große Tüte voller Erdnüsse und Rosinen vom Einkauf mitzubringen. 

Die allergrößte Überraschung war aber, dass Hu nicht alleine in seiner kleinen Nisthöhle wohnt. Er hat wohl eine Freundin gefunden. Zusammen sind sie unterwegs und sammeln Eicheln, und abends kuscheln sie sich jetzt schön aneinander. 

„Vielleicht heiraten die beiden ja im Frühling und dann bekommen wir viele kleine Eichhörnchen“, meinte Opa. Aber bis dahin ist ja noch Zeit. 

Hape huschte raus,  legte ein paar besonders schöne Walnüsse auf die Erde und
flüsterte „Frohe Weihnachten Herr und Frau Hu“. Fröhlich ging er zurück ins Haus,
wo bereits die Bescherung wartete.