An langen kalten und regnerischen Wintertagen lassen wir uns sehr gerne von einer unserer Lieblingsstaffeln „Chef’s Table“ auf Netflix inspirieren. Außergewöhnliche Stories von begnadeten Köchen! Manche schauen wir uns immer mal wieder an. Sehr emotional, unbelehrend, lustmachend, kulinarische Inspirationen pur. So auch, wie eine unserer Lieblingsfolgen von Ivan Orkin, welcher in Long Island / New York aufwuchs. Ivan hatte zwei Leidenschaften: Die japanische Lebensweise und Kochen. Seine Erinnerung, als er zum ersten Mal in Japan landete, beschrieb er so: „Als die Reifen des Flugzeugs auf den Asphalt trafen, hatte ich das überwältigende Gefühl, nach Hause zu kommen. Ich war fast in Tränen aufgelöst.“ Er hatte sich mit der Kunst des Ramen-Machens schon lange auseinander gesetzt. Ramen sind japanische Nudeln und gleichsam der Name für die unkonventionellste Küche Japans – die Nudelsuppe, in allen möglichen Varianten und Ausprägungen. Ramen ist für den Japaner so wichtig, wie dem Franzosen sein Baguette, sie gehören einfach zum täglichen Lebensbedarf.
Nach einiger Zeit eröffnete Ivan ein Restaurant mit 10 Sitzplätzen, in einer nicht-touristischen Gegend in Tokio. Hier wurde er von dem führenden Ramen-Spezialisten und -Kritiker Japans in den Himmel gelobt. Sein Urteil bescherte Ivan gigantische Zuläufe und Fernsehauftritte in Japan. Ein unbedeutender Ami, als Star der japanischen Kochszene! Das wäre fast so, als wenn irgendein No-Name-Deutscher das beste Coq au vin von Paris zaubern würde. (Wobei das gar nicht so unwahrscheinlich ist.) Kann ja kein Zufall sein, dass wir uns in den kommenden Tagen Richtung Paris aufmachen. Aber zurück zu den Ramen …
Okay, genug der Inspiration, runter vom Sofa und Kühlschrank-Check war angesagt. Da schauten uns noch die kleinen Enden eines ganzen Rinderfilets an, deren schönste Stücke wir bereits aufgebraten hatten. Auf ging es zu Herrn Özedemir vom gleichnamigen Frischmarkt auf der Ernststraße in Bocholt. Dort bekommt man übrigens auch Kebab Manis, eine süßlich dicke Sojasauce und Ramen-Nudeln für die wir sonst regelmäßig zu einem Asia-Laden nach Arnheim gefahren sind. Von dort aus ging es weiter zum Handelshof. Uns war klar, das die in unseren Köpfen kreierte Ramen-Soup stark pilzlastig werden sollte.

Wir lieben Pilze in allen Variationen. Für eine solche Suppe eigenen sich frische, gefrorene aber auch getrocknete Pilze. Da diese unkonventionellen Ramen-Suppen keinen weiteren Rahmen als die besagten Nudeln verlangen, ist hier echter Freigeistertum angesagt. Man muss sich lediglich daran orientieren, was der jeweilige Markt, Gemüse- oder Feinkosthändler im Angebot hat. Bei uns waren es seinerzeit frische Champignons und Shi-Take, Steinpilze und Morcheln.
Wir haben vor Jahren für uns entdeckt, dass frische Orangen und süße Sojasauce eine kongeniale Verbindung sind. Was macht das mit dem Fleisch, wenn man diese beiden Komponenten an den Brühenansatz gibt, zusammen mit frischem Ingwer und Zitronengras? Beflügelt von diesen Gedanken ging es weiter zu unserem Metzger. Neben der Dicken Rippe lagen Stücke von Schweinebauch. Eigentlich nicht unser Favorit, weil zu fettig, aber für die ersonnene Nudelsuppe sicherlich ein guter Geschmacksträger. Zum Preis von zwei Dönern wanderte eine wirklich große Tüte Fleisch in unseren Einkaufskorb.



Ra · men –
(祇脚妓喫)
rāmen, IPA: [ˈʁaːmən]
Zuhause angekommen, haben wir am heimischen Herd die Fleischstücke in Rapsöl kräftig angebraten. Bei einem Glas Weisswein ging’s ans gemeinsame Schnibbeln und dann ans Brutzeln der Suppe. Wichtig ist bei Ramen immer, die Balance zwischen salzig, sauer, süss und bitter im Grundfond zu kreieren. Das Fleisch wurde im nächsten Schritt mit der Gemüsebrühe aufgegossen. Das Ganze hat dann ca. drei Stunden geköchelt. Dazu kamen noch der Saft von zwei frisch gepressten Orangen und eine Tasse süße Sojasauce, nebst Ingwer, Knoblauch, Chili und Zitronengras. Als sich der Duft der Brühe, mit dem frisch geriebenen Ingwer und dem Zitronengras in unserer Wohnung breit machte, lupften sich unsere Mundwinkel zum Lächeln an. Und als wir die ersten Löffel probierten, verlor das Mistwetter draußen seine Bedeutung.
Während die Brühe und das Fleisch köchelten, blieb genug Zeit, um die anderen Komponenten zu präparieren. Lasst eurer Fantasie freien Lauf, was das Gemüse angeht. Bei uns waren das diesmal verschiedene Sorten Paprika, Pilze, Frühlingslauch, Salatgurke, Pak Choi, Karotten, Brokkoli, Romanesco … Die Aufzählung dient, wie gesagt, nur eurer Inspiration. Nehmt das, was euch schmeckt. Das ganze Gemüse könnt ihr auf einer Platte auf der Mitte des Tisches anrichten. Es bleibt roh und zieht später nur durch die angegossene Brühe bissfest an.


n der Zeit, wo die Ramen-Nudeln bissfest kochten, zupften wir die fertig geschmorte Dicke Rippe in feine Fasern. Wer mag, kann noch ein paar Eier wachsweich kochen. Mit diesen ganzen Zutaten ging es dann zum Finale an den Tisch: Klein geschnittenes Gemüse als Beet auf die tiefen Teller. Dieses angegossen mit zwei Kellen aus der Gemüse-Fleisch-Brühe. Darauf gesetzt ein Nest mit Ramen-Nudeln und on top dann das fasrig geschmorte Fleisch. Weitere Brühe angegossen und dann ein paar Nettigkeiten, wie verschiedene Sprossen an den Rand und oben drauf. Fertig war das Feuerwerk für Auge und Gaumen.
Für’s Home-Cooking haben wir uns Ramen-Schüsseln und Bowls angeschafft. Kurzum, Ramen ist ein Teil unserer Gastgeber-Kultur geworden. Wir lieben die Vielfalt dieser Gerichte und lassen unsere Gäste daran teilhaben. Wie schon beschrieben arrangieren wir gerne ein Setting, wo alle Bestandteile auf dem Herd in extra Pfannen und Töpfen darauf warten, von unseren Gästen nach ihrem persönlichen Gusto kombiniert zu werden. Also, wenn ihr mal bei uns eingeladen seid und es Ramen gibt, dürft ihr darauf vertrauen, dass wir euch extrem mögen. Denn für den Einkauf, die Vorbereitung und das Ansetzen der Zutaten geht schon mal leicht ein halber Tag drauf! – Was sich aber sowas von lohnt!
Wir sind zu regelrechten Ramen-Freaks mutiert. Wenn wir in anderen Städten unterwegs sind, probieren wir gerne die dortigen Ramen-Pilgerstätten aus, um zu sehen, wie sich diese Kultur weiterentwickelt.
