Im Praxisalltag gibt es zum Thema Epilepsie eine typische Situation: Das Telefon klingelt. Am anderen Ende der Leitung, meist kaum zu verstehen, befindet sich ein erschreckter Besitzer mit den Worten „Mein Hund ist gerade zusammengebrochen, ich glaube er stirbt.“ Natürlich wird angeraten, sich gleich zu treffen. In Erwartung eines sterbenden Patienten ist die Praxis für den Notfall gerüstet. Kurze Zeit später stehen, wie vom Donner gerührt, sehr erleichterte Besitzer mit einem ziemlich munteren Hund vor der Tür. Was war das?
Epileptiforme Krampfanfälle können wirklich erschreckend aussehen und ganz unterschiedliche Ursachen haben: Gifte vermögen das Gehirn zu irritieren, Tumore können zu zentralen Ausfällen führen, Leber- oder Nierenerkrankungen haben Ansammlungen von Giftstoffen im Körper zur Folge und der klassische epileptische Anfall wird durch elektrische Impulse, die sich blitzartig im Gehirn ausbreiten, ausgelöst.
An erster Stelle der Diagnostik steht also die Ursachenforschung. So wird nach der neurologischen Untersuchung zumindest ein Check der Blutwerte eingeleitet. Je nach Befundlage folgen gegebenenfalls Röntgenuntersuchungen sowie andere bildgebende Verfahren wie beispielsweise eine Computertomographie (CT) oder eine Magnetresonanztomographie (MRT). Bleiben diese Untersuchungen befundlos, liegt die Diagnose idiopathische Epilepsie sehr nahe. Diese Form der Epilepsie tritt gehäuft in jungen Jahren auf und ihre Grundursache kann oft nicht betitelt werden. Neben der speziellen Diagnostik ist auch das Führen eines Epilepsietagebuches durch die Besitzer sehr ratsam.Darüber hinaus kann eine Filmaufnahme des Anfalls eine sinnvolle Ergänzung zu Ihren Beobachtungen sein, um in der Sprechstunde ein genaues Bild der Situation wiederzugeben.
Das Auftreten der Epilepsie ist vielfältig. Krämpfe, die den ganzen Körper betreffen, werden generalisierte Anfälle genannt.Nach einer Zeit der individuellen
Verhaltensänderung folgt der eigentliche Anfall. Die Tiere fallen bewusstlos um, und nach einer Versteifung des Körpers treten Laufbewegungen und die eigentlichen Krämpfe auf. Hierbei kann es zu Urinverlust und Speicheln kommen. Auch nach der Krampfsituation verhält sich das Tier unnatürlich. Demgegenüber stehen sogenannte nicht generalisierte Anfälle, bei denen nur ein Teil des Gehirns und damit nur eine bestimmte Körperregion von den Ausfällen betroffen ist, so dass die Symptome nicht so schwerwiegend sind.
In der Anfallssituation sollten verschiedene Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden. Zunächst sind diverse gefährliche oder zerbrechliche Gegenstände aus dem
Umfeld des Epileptikers zu entfernen. So schützen Sie das Tier und auch die Umgebung vor Schäden. Übrigens finden die meisten Vorfälle zu Hause in ruhigen Situationen statt. Prinzipiell gilt, dass bei allen Maßnahmen am Tier Vorsicht geboten ist. Manche Patienten reagieren ganz anders als im Alltag. Vielleicht werden
sogar aufgrund der Orientierungslosigkeit Aggressionen wach, so dass das oberste Gebot Ihr Selbstschutz sein sollte! Im Zweifelsfall lassen Sie Ihren Hund liegen
und tun nichts. Das ist zwar schwer auszuhalten, aber wenn Sie verletzt werden, können Sie Ihrem Vierbeiner nach dem Anfall nur noch schlechter helfen. Manches
Tier wird ruhiger, wenn sein Besitzer gelassen mit ihm spricht.
Im Mehrhundehaushalt kann das Verhalten der Rudelmitglieder unkalkulierbar sein. Von der distanzierten Beobachtung aus der Entfernung bis zur Angriffslust muss mit allem gerechnet werden. Die Natur ist hier manchmal sehr grausam. Frei nach dem Motto „Survival of the fittest“ muss mit heftig aggressiven Reaktionen der Artgenossen gegen den wehrlosen Epileptiker gerechnet werden. Daher sollten Sie andere Tiere während der Krämpfe möglichst in einiger Entfernung sichern.
Die Therapie der Epilepsie ist sinnvoll, wenn die Anfälle regelmäßig und mit kurzen Zwischenräumen auftreten. In diesem Fall werden täglich Tabletten verabreicht, die die Anfallsbereitschaft reduzieren. Ihre Tierärztin oder Ihr Tierarzt wird Sie darüber hinaus mit einem Notfallmedikament ausstatten, so dass Sie den schlimmsten und längsten aller Krämpfe, den Status Epilepticus, der zur Sauerstoffunterversorgung des Gehirns führen kann, zu Hause selbst durchbrechen können. So sind Sie für alle Notfälle gerüstet Ihnen wünsche ich im Spätsommer eine gewitterarme Zeit und verbleibe mit lieben Grüßen bis zu meinem nächsten Beitrag „Schneller als die Feuerwehr – Erste Hilfe am Tier!“
Ihre Dr. Simone Möllenbeck

Dr. Simone Möllenbeck
Zusatzbezeichnung Zahnheilkunde
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