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Taleggio, Kartoffeln, Wein &  Marktvisionen

von | Feb 1, 2022 | Allgemein, Kulinarik, Kultur

Die kulinarische Vernehmung einer Käse-Dealerin
Tagebuch einer Genuss-Allianz PART II

Mittwoch,
19.01.2022, 16:30 Uhr
Meetingraum PAN, Münsterstraße 12 

Welche LeserInnen-Versprechen müssen wir aus dem Januar-PAN noch einlösen? Wir hatten angekündigt, dass wir Verena auf den Zahn fühlen. Wer ist sie, wie tickt sie? – und dies gerne unplugged. Ferner wollten wir eine weitere, käsegeschwängerte Kitchen-Story ersinnen und die Idee mit euch teilen. Falls noch Zeit ist, könnten wir uns über unsere Sichtweisen auf Märkte austauschen. Bei einem Cappuccino und dem Anlass entsprechenden Käsekuchen, den ich gegen Mittag bei „Das Cafe“ abgegriffen habe, tauschen wir die ersten Gedanken: 

Sag mal liebe Verena, was ist denn seit der Vacheron Mont d’or-Story im letzten PAN passiert? 
Wir haben fast doppelt so viele vom Vacherin verkaufen dürfen, wie sonst. 
Kirsten hatte mich gebeten, euch auf meinem Marktgang noch einen Stapel PAN vorbeizubringen. Ich durfte süffisant Mäuschen spielen, wie sich zwei eurer Kunden beinahe um das letzte Exemplar dieser Spezialität in die Haare bekommen hätten. 
Da habe ich von gehört. Ich konnte Gottseidank noch eine Partie nachordern – so dass sich die Gemüter beruhigt haben. 
Ist doch schön, wenn die Menschen sich kulinarisch haben stimulieren lassen. Das klingt nach einer Neuauflage im Herbst 2022 – wenn die neue Vacherin-Zeit beginnt. Ähnlich wie die Winzer es beim Beaujolais Primeur machen … quasi „Vacheron just arrive.“ – natürlich mit einem anderen Rezept. Vielleicht auch mit einer großen Familien-Vacherin-Variante. Ich war ganz aus dem Häuschen, als mir dein Vater die größeren Schachteln gezeigt hat. 
Klingt toll.

Weißt du eigentlich, dass diese Auftaktgeschichte unserer Genuss-Allianz kein Zufall sein kann?
Erzähl …
Ist schon verblüffend, wieviel Verena in Vacherin drinsteckt – Anagramm-technisch gesehen.
Interessant, das ist mir bislang noch nicht aufgefallen. 

Die kulinarische Vernehmung 

 Okay, bereit für ein paar Stichworte zu deinen Hardfacts? – sprich, wer ist Verena Marke?
Schieß los … 

 Der Extrakt der Antworten auf unsere Maschinengewehr-Salven-Fragen: 

– Baujahr 1978 d.h. 44 Jahre  (ab kommenden Samstag) 
– genauso alt wie Jan de Graf, der mit seinem Fischstand direkt gegenüber steht
– Wasserfrau 
– gelernte Hotelfachfrau (inkl. einer schmerzhaften Begegnung mit einem Samowar)
– Marketingstudium an der Fachhochschule in Bocholt 
– Produkt-Managerin für Damenwäsche und -Bekleidung bei Ernsting`s family in Coesfeld-Lette 
– Übernahme des elterlichen Betriebs Käse Heßling im Jahr 2016 
– Mutter von Oskar (10 Jahre) und Theresa (11 Jahre) 
– Ehefrau von Peter, der in einem ganz anderen Business tätig ist
– Tochter von Hans-Jürgen (71 Jahre) und Brunhild Heßling (67 Jahre)

  … die sich irgendwann von unserem Markstand verabschieden werden – wobei insbesondere mein Vater das nochsehr gerne macht. 

War es logische Konsequenz oder Passion, das elterliche Geschäft zu übernehmen?
Letzteres … ich liebe es morgens meinen Wagen auf dem Markt aufzubauen, das Beraten und das Verkaufen. Das ist auch körperliches Arbeiten, das Wuchten mit den Käselaiben – aber alles andere als ein Pflichtbewusstsein meinen Eltern gegenüber, diesen Weg einzuschlagen. Es ist einfach mein Metier. Ich habe eine große Affinität zum Käse – ich bin bisweilen selbst mein bester Kunde. Vielleicht auch, weil ich immer weniger Fleisch konsumiere. Ich koche unheimlich viel mit Käse. 

Wenn wir dich nach deinem Lieblingskäse fragen würden und nur eine einzige Antwort erlaubt wäre ….
Comte, ganz klar ….

Warum?
Ein feiner, nussiger Bergkäse …. den kann ich immer essen – vor allen Dingen den vier Monate gereiften Comte. Gerne auch die älteren Sorten … aber eher zu speziellen Gerichten oder Anlässen. Da haben die Franzosen schon Recht. Die behaupten, der Comte sei der leckerste Käse der Welt. Ich mag seine Konsistenz und seine leichten Salzkristalle. Wir haben das Glück schon über Jahre von einem der besten französischen Affineure diese Käsespezialität beziehen zu dürfen. 

Und der heißt wie?
Marcel Petit, der ist super bekannt.

Wir bekommen den Käse in großen Laiben, eine echte Herausforderung für mich. Der hat einen Durchmesser von bis zu 70 Zentimetern und ein Gewicht von bis zu 40 Kilogramm. 

Für alle, die das nicht kennen, was macht ein Affineur? 
Er veredelt und lagert die Produkte, die von den Käsereien angeliefert werden – teilweise in Höhlen, auf Fichtenholz-Brettern. Die Käselaibe müssen regelmäßig gewaschen, neu eingerieben und gewendet werden, damit sie in Ruhe reifen. 

Wo kommt der Comte denn ursprünglich her, bevor er zum Affineur lagert? 
Aus der Region Franche-Comté im Osten Frankreichs, dem Grenzgebiet zur Schweiz.  Unser Affineur sitzt in Granges Narboz – im Herzen dieser Region. 

Welchen Wein würdest du zum Comte trinken? 
Ich greife gerne zum Weißwein. Rotwein bekommt mir in der Regel nicht so gut. Gerne Weißburgunder, Grauburgunder, Sauvignon Blanc …. Was ich nicht mag ist Chardonnay.  

Das Schöne an Käse & Wein ist, dass die Geschmäcker da weit auseinander gehen, weil sich zwei Welten im Mund vereinen. Da ist quasi alles erlaubt – weil sehr individuell. 

Weil es gerade passt …. weißt du, was am 13.02.2022 ist? 
Der Tag vor Valentinstag?

Stimmt … zugleich aber auch der Welt-Cheddar-Tag. 
Ach guck an, was es nicht alles gibt. 

Ich habe dieses Stückchen Cheddar bei euch am Stand gekauft. In Vorbereitung unseres heutigen Genuss-Termins habe ich recherchiert, welchen Wein die Experten dazu empfehlen. Die Bandbreite steht vor dir: 
– ein Spätburgunder von Meyer-Näkel von der Ahr 
– eine Auslese von Kracher aus Österreich 
– ein Cabernet-Franc aus Südafrika 

Das zahlt darauf ein, was du gerade gesagt hast. Es gibt kein Richtig und kein Falsch – die Geschmäcker sind verschieden. 

Lass uns kurz über den Cheddar sprechen, der hier vor uns liegt. Kannst du dem etwas abgewinnen? 
Diesem schon, aber das ist bei vielen nicht so.  Was den Menschen hier im Grenzbereich ihr Gouda ist, ist dem Engländer sein Cheddar – mit einer ähnlichen Bandbreite was Reifegrade und Qualitäten angeht. Seine Farbe resultiert aus der Beigabe von Karotin. Das wirkt einfach irritierend, wenn man einen jungen Cheddar mit dieser dominanten Farbe hat, der nahezu nach nichts schmeckt. 

… uns dazu an die Scheibletten erinnert, die vor 40 Jahren auf allen Hawai-Toast’s dieser Nation populär waren. 

Diese Erinnerung löst schallendes Gelächter aus – ein guter Zeitpunkt, dem Kaffee einen gut gekühlten Grauburgunder folgen zu lassen. 
Wir hatten mal einen ungefärbten Cheddar in unserem Sortiment, so etwas bröckelig … der erinnerte an Parmesan. Ein super Produkt … aber das ist so teuer geworden mittlerweile – ähnlich wie ein Blue Stilton. 

Der Brexit lässt grüßen. Wenn es nicht diesen World-Cheddar-Tag geben würde, wäre ich wahrscheinlich auch gar nicht darauf gekommen, über dieses Produkt heute zu sprechen. Irgendwie bin ich immer noch ein ein wenig stinkig auf unsere Ex-EU-Nachbarn. 

Themawechsel – Was hast du uns denn da mitgebracht?  
Einen meiner neuen Lieblinge im Weichkäse-Bereich – ein Galet von der Loire. Ein Kuhmilch-Produkt mit einem leichten Weißschimmel und einem sehr feinen Aroma.

Sag mal, mit welchem Gericht könnte man dir richtig einen Gefallen tun?  Was ist deine absolute Lieblingsspeise? – abgesehen vom Käse.  
Eine Thom Kha Gai – eine thailändische Hühnersuppe. Ich liebe die asiatische Küche … aber auch die italienische. Selbstgemachte Ravioli in Salbei-Butter zum Beispiel. Ich glaube, ich mache vornehmlich Sport aus dem Grund, dass ich mir gutes Essen und Trinken erlauben kann. 

Sprechen wir ein wenig über Märkte – über das Thema Markt-Kultur. Losgelöst von Bocholt … über welche Märkte flanierst du gerne?  
Über den Wochenmarkt in Münster – der ist aber nur mittwochs und samstags. Da sind wir hier in Bocholt schon ziemlich verwöhnt mit vier Markttagen. Ansonsten gehört der Carlsplatz in Düsseldorf zu meinen Favoriten. 

D’accord. Wir waren am letzten Samstag noch dort. Genusseinkauf, Weinchen trinken, etwas auf der Hand schnabulieren – ein Stück Markkultur und Lockerheit, die uns hier bisweilen ein wenig abzugehen scheint. Viel mehr Möglichkeiten, die die Verweildauer der Gäste auf dem Markt hochschraubt, den Markt lebendiger macht. 
Stimmt. Solche Märkte sind Frequenz-Treiber für die Städte. Das haben wir auch schon durchgespielt … sprich mit Stehtischen, wo man ein Glas Wein konsumieren kann und wir einen Probierteller mit Käse reichen z.B. am Freitag und am Samstag. 

Oder frischen Kaffee und ein paar Croissants….
Genau… eben dieses Erlebnis, was gute Märkte bieten sollten. Ich habe davon gehört, dass dies in den Plänen der Stadt Bocholt zur Zukunft der Innenstadt verankert sein soll. 

Was mir am Carlsplatz auch extrem gut gefällt ist, dass es ein zusammenhängender Platz ist. Auch dazu soll es in Bocholt Bestrebungen geben. Ich fände das super – insbesondere vor dem historischen Rathaus. Eine Durchmischung von Blumen, Käse, Gemüse und allen anderen Anbietern. 

Das könnte auch die Situation für die Gastronomen auf dem Gasthaus-Platz entspannen. Und … man könnte dort einen After-Markt-Lunch genießen – ohne vom Klangerlebnis der Kehrmaschine beeinträchtigt zu werden. 
Absolut. Ich sehe da viele Gewinner. Auch wenn es derzeit möglicherweise ausschaut, dass alles okay sei. Ich finde, wir sollten uns für die Zukunft aufstellen … noch besser werden. Wir dürfen auch das Thema Unternehmensnachfolge für einige unserer Kolleginnen und Kollegen nicht ausblenden. Es schadet nicht, wenn man an der Attraktivität des Wochenmarktes für Marktbeschicker und Marktbesucher arbeitet. Wir alle sind abhängig von der Frequenz in der Innenstadt. Der Onlinehandel zieht die Menschen aus den Städten raus. Den Trend gibt es bei Lebensmitteln noch nicht. Ich sehe eine starke Verbindung zwischen stationärem Einzelhandel und Wochenmarkt. Aber wenn die Menschen irgendwann keinen Grund mehr haben, in die Stadt zu fahren, könnte es für alle düster werden.

Könnte ein Wochenmarkt mit dem kulinarisch größten Sex-Appeal in der Region diesem Trend entgegen steuern? 
Aus meiner Sicht schon. Das Thema Genuss wird allerorts gespielt – insbesondere im Fernsehen. Hier wäre es live-erschmeckbarer Genuss. Damit würde man auch ein jüngeres Publikum begeistern. Wenn man dann entsprechende Postings auf Instagram und Facebook platzieren und mit den passenden Hashtags versehen würde, könnte sich das ganze zum Selbstläufer entwickeln. Da sind wir alle gefordert. Es schadet auch nicht, wenn man das Thema strategisch angeht. Einzelne Strohfeuer-Aktionen z.B. zu Ostern verpuffen zu schnell. 

Somit wäre eine Stadt gut beraten, alles zu tun, damit die Markbetreiber sich rundherum wohlfühlen oder? 
Ich fände das so toll, wenn alles ein wenig mehr Hand in Hand gehen würde – wir supportet würden. 

Komm, wir widmen uns weiter der Kulinarik. Was könnte ein guter Käse sein, den wir im Februar in den Fokus rücken? Und welches Gericht fällt uns dazu ein?
Vielleicht ein guter Gorgonzola – der ist bei mir aus der Küche nicht wegzudenken. Eine schöne Gorgonzola-Sauce …

Mein Gaumen läuft sich gerade warm ….
Was auch toll wäre … ein Taleggio – ein italienischer Weichkäse in einer Naturrinde. Gerade zu dieser Jahreszeit … mit Bratkartoffeln, wo du diesen halbfesten Käse zum Schluss in kleine Bröckchen gepflückt drauf verteilst.Dann noch kurz den Deckel wieder drauf, um den Käse anfließen zu lassen – einfach göttlich.


Das Kartoffelkind in mir schiebt gerade eine La-Ola-Welle in meinen Genuss-Synapsen an.
… der schmeckt auch toll auf einem Sandwich … oder pur mit ein wenig Olivenöl und einem guten Salz.

Klingt toll! Wir lassen uns in deine Gedanken fallen – und bergen ein Stück Taleggio bei euch am Stand. Mal schauen, was wir daraus kreieren.

Das Gespräch führten …. Roland und Kirsten Buß.

Taleggio auf geräucherten Meersalz-Kartoffeln und süßem Lauch.

Unsere Interpretation von Verenas Idee 

Samstag, 22.01.2022
gegen 18:00 Uhr in unserem Nest 

Liebe Gäste waren im Anflug. Ich hatte mich kurzerhand entschieden, die Bratkartoffeln gegen eine andere Kartoffel-Spielart zu ersetzen. Unlängst fragte eine nette Lady zu meinem FaceBook-Post nach einer Bauanleitung für diese geräucherten Meersalz-Kartoffeln. Hier meine Antwort:

Man(n) oder Frau nehme …. einen in Ehren gealterten Kochtopf … also einen, der seine besten Jahre hinter sich hat. Dessen Boden bedeckt man mit seinen Lieblingskartoffeln – ungeschält … ganz wichtig!!! Dann gießt man Wasser auf, in das man eine Männer-Handvoll gutes Meersalz streut – zum Beispiel aus der Camargue. Den Topf bringt man dann zum Kochen, während man es sich mit einem schönen Wein in der Nähe gemütlich macht. Irgendwann beginnt der Topf, nebst
Inhalt zu sprechen. Das ist der Zeitpunkt, wo das Wasser verkocht ist und die Salzkristalle auf dem Boden knistern. Parallel dazu riechst du den Duft von Lagerfeuer-Kartoffeln aus unserer Kindheit. Lass dich davon … und von einem hypersensiblen Rauchmelder nicht irritieren…. schüttel die am Boden festgebackenen Kartoffeln … so dass jede Seite ein wenig Rauch-Patina abbekommt. Das wäre es auch schon. Einfach und genial … diese Reise zurück in die Pfadfinderzeit

LG und viel Spaß beim Nachkokeln

Soweit zur Bauanleitung für die Kartoffeln. Die Kartoffeln hatte ich gegen 16:30 Uhr angesetzt. Nachdem das Wasser verkocht und die Erdknollen abgekühlt waren, wurden diese in Scheiben geschnitten und auf einem Backblech mit unterlegtem Backpapier verteilt. Je nach eigenem Gusto noch etwas nachwürzen – mit Salz und Pfeffer … fertig ist das Kartoffelbett für Lauch und Käse.  Dann nehmt ihr gewaschene Lauch abschnitte und bratet diese in einer Pfanne mit Butter an. Salz & Pfeffer dazu und eine kleine Handvoll Kokosblütenzucker zum karamellisieren des Lauchs. Dann habt ihr einen schönen Gegenspieler zu den
salzigen Kartoffeln. 

Den Lauch verteilt ihr auf dem Kartoffelbett und darüber rupft ihr den Taleggio.

Das Ganze schiebt ihr dann für 15 Minuten in den Ofen (bei 180 Grad) – zumindest so lange, bis der Käse euren Lieblings-Schmelzpunkt erreicht hat. Eine Handvoll kleingeschnittener Kerbel drüber …. oder Petersilie …. was halt gerade da ist … und fertig ist dieses einfache und trotzdem spektakuläre Gericht.  Das kann eine Beilage sein, wie bei uns an diesem Abend … zu Piri-Piri-Hähnchen, Ofengemüse, geschmolzenen Honigtomaten etc. … aber …. großes ABER … das Kartoffel-Lauch-Taleggio-Arrangement kommt auch ohne Beiwerk aus. Einfach und lecker.

Merci liebe Verena für deine Inspiration 

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