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We „Ahr“ back

Nov 2, 2022 | Kulinarik

Text: Mona Reidick, 12 Jahre und Weinbergliebhaberin
Fotos: Andrea Reidick

Die Herbstferien 2022 – Nach zwei Jahren bin ich endlich wieder im Ahrtal und alles ist anders nach der schlimmen Flutkatastrophe im Juli 2021. Ich möchte Euch berichten, wie es für mich war, was ich erlebt habe und warum es sich auf jeden Fall lohnt, das Ahrtal wieder anzusteuern. 

Aus Richtung Esch fahren wir die schöne Route hinunter durch die Weinberge und es sieht in meinen Augen so aus, als wäre nichts gewesen. Die Fahrt durch Dernau, Rech und Mayschoss macht mich dann aber erst einmal sehr traurig, da ich jetzt so richtig begreife, welche schlimmen Folgen das Hochwasser für das schöne Ahrtal hatte und für die Menschen, die dort leben. Überall sieht man die Spuren der verheerenden Überflutung, aber ich sehe auch etwas anderes: Meine geliebten Weinberge, die in der Herbst- sonne zum Wandern einladen. Außerdem sehe ich Menschen, die motiviert nach vorne schauen, ich spüre den Tatendrang und erlebe die „SolidAHRität“ und wie groß die Bedeutung des Wortes „gemeinsam“ eigentlich ist.

Es ist so schön wieder hier zu sein und ich frage mich, wie es Meike und Dörthe mit ihrem Weingut „Meyer-Näkel“ ergangen ist. Vielleicht erinnert ihr Euch? Ich habe Meike im Jahr 2020 im Kelterhaus besucht. Sie hat mir alles erklärt über ihren Beruf als Winzerin, von der Traube bis zum Wein. Ich rufe sie an und freue mich, dass sie am nächsten Tag sofort Zeit für mich findet.

Nach fünf wunderschönen Tagen auf dem Rotweinwanderweg und dem Ahrsteig treffe ich Meike, um zu erfahren, wie es ihnen heute geht, fünfzehn Monate nach der Katastrophe. Wir sitzen in einer kleinen Oase mit Rollrasen, Loungemöbeln und einer schönen grünen Hecke. Diese haben sie sich mit Unterstützung eines lieben Landschaftsgärtners an der Seite am Kelterhaus geschaffen. So können sie auch mal ein wenig in der Sonne sitzen und durchatmen. Der Kirschlorbeer verdeckt die Sicht auf die Fläche, wo vor der Flut die Rebstöcke standen. Jetzt leistet dort eine Siebmaschine ihre Arbeit. Der ganze trockene Schlamm muss nämlich gesiebt und von dem Schrott befreit werden, den die sechs Meter hohe Flutwelle mit sich gerissen hat.

Meike ist wie viele Menschen im Ahrtal sehr positiv. Sie erzählt mir, dass sie eigentlich stets nach vorne schaut und versucht, das Beste aus allem zu machen. Für sie war klar, dass sie die Erlebnisse und Verluste nicht als Last mit sich herum tragen werden, sondern dass sie diese als Chancen annehmen. Die letzten beiden Ernten waren sehr anstrengend und alle haben seit dem 21. Juli 2021 quasi durchgearbeitet. Meike sieht ein wenig müde aus und trotzdem leuchten ihre Augen, wenn sie über ihre Ideen spricht. Der 2021er „Flutwein“ liegt in den Fässern und wird Anfang 2023 abgefüllt. Sie sagt mir es geht ihr gut und aufgeben sei niemals eine Option gewesen. Sie betrachtet die Situation heute nach der Flut wie ein Maler ein weißes Blatt Papier, dass er gestalten soll. Auch wenn es an manchen Stellen echt noch nicht so gut läuft, ist sie sehr stolz und zufrieden mit dem, was sie gemeinsam alles geschafft haben. Nur sechs Wochen hat es gedauert das Kelterhaus so weit herzurichten, dass der Wein eingefahren werden konnte. Also pünktlich zur 2021er Lese war alles fertig. Was für eine Leistung, denke ich mir.

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Ich freue mich, dass Meike und viele der Betroffenen ihr Lachen nicht verloren haben. Ich mache es wie die Menschen hier, ich schaue auf das Schöne! Ich wandere durch die Weinberge und stelle mir vor, wie es in ein paar Jahren sein wird. Denn eins ist sicher, die Menschen hier brauchen Zeit. Zeit, die dafür nötig ist, alles in Ordnung zu bringen – Rom wurde schließlich auch nicht in einem Tag erbaut.

Also macht Euch auf den Weg, fahrt ins Ahrtal und beteiligt Euch beim Wiederaufbau! Es gibt so viele großartige Projekte, die ihr unbedingt unterstützen müsst: Da sind die Kinder im Ahrtal, die mit viel Liebe und Fantasie aus alten Weinflaschen, Flusskieseln, Treibholz und einer Lichterkette „Flutlichter“ basteln und gegen Spenden abgeben. Weitere großartige Aktionen sind „Wandern für den Wiederaufbau“, die SolidAHRitätsweingläser und die SoldidAHRitätsarmbänder. Das alles trägt dazu bei, dass die Zukunft der Region mit eurer Hilfe gestaltet werden kann. Ihr könnt Euch also echt daran beteiligen und es macht dazu noch eine Menge Spaß, etwas Gutes zu tun. Auch wenn noch nicht alles wieder in Ordnung ist, ich hatte wirklich jeden Tag auf`s Neue voll Bock darauf, dass Ahrtal zu erkunden. Wieviel Spaß das macht, habe ich gelernt, als mal nicht alles nach Plan lief. Da mussten wir dann auch mal die Schuhe und Socken ausziehen, die Hose hochkrempeln und barfuß durch die Ahr tapsen, weil der Weg am Ufer noch verschüttet war. Meine Mama meinte dazu nur: „Abenteuer fangen da an, wo Pläne enden“. Ich habe so viele tolle Sachen erlebt, dass ich es schon jetzt kaum abwarten kann, bis wir das nächste Mal in meinem „Lieblings-Weintraubenland“ sind. Aber ich denke an Pipi Langstrumpf`s Worte: „Am besten ihr geht jetzt nach Hause, damit ihr morgen wiederkommen könnt. Denn wenn ihr nicht nach Hause geht, könnt ihr ja nicht wiederkommen, und das wäre schade.“

Und ich muss noch sagen, der Traubensaft ist wirklich wieder ein außergewöhnlich guter Jahrgang! Ich habe so viele Sorten probiert und bin begeistert. Dasselbe sagen die Erwachsenen auch vom Wein. Die haben nicht zwei, drei Flaschen gekauft. Die haben Sackkarren voll in ihre Kofferräume geladen!

Also, macht Euch auf den Weg! Ab mit Euch ins Ahrtal, tut Gutes und seht die Welt im Ahrtal mit meinen Augen! Dann seht ihr dort nichts, dass Euch stören könnte.

Eure Mona

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