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Bocholt underground

Sep. 24, 2025 | Portraits

Warum die TIEFgarage unter dem
Europaplatz ein HOCHbauprojekt der besonderen Art ist

Advertorial | Fotos: Kirsten Buß & Jens Wiegrink | Text: Roland Buß

Early-Bird-Impressionen in doppelter Hinsicht: Frühe Einblicke in die renovierte Tiefgarage, noch vor der offiziellen Eröffnung und … vor dem ersten Kaffee

Prolog

Bisweilen bin ich unsicher, ob meine Morgenmuffelichkeit genetischer Natur ist oder ob ich im Wendekreis der Nachteule das Licht erblickt habe. Ein Zusammenspiel beider Faktoren dürfte naheliegen.

Relativ unbekannt scheint bislang zu sein, dass die kosmischen Wegweiser in Form der zwölf prominenten Sternzeichen keine abschließende Aufzählung sind. Mit dem frühen Vogel, der Nachteule, dem Frechdachs etc. gibt es weitere Spezies, die Rückschlüsse auf Gewohnheiten und Rituale ihrer Träger
zulassen 😉

Habt ihr euch schon mal gefragt, welche Vögel so vernarrt in Würmer sind, dass sie noch vor Anbruch des Tages aus ihrem kuscheligen Nest kriechen? Insbesondere Rotkehlchen und Amseln sollen zu den frühmorgendlichen Gesangskünstlern gehören – möglicherweise gefiederte Pendants zu den mir suspekten Menschen, die schon vor 10.00 Uhr fröhlich ein Liedchen auf den Lippen trällern. 

19.27 Uhr … Beginn dieser Niederschrift … ich schweife ab, bei den Erinnerungen an jenen denkwürdigen Tag, an dem Kirsten und ich zu unchristlicher Stunde, ohne ritualisierten Guten-Morgen-Cappuccino, aus dem Nest schlüpfen, um uns auf den Weg zum Busbahnhof zu machen. 

Drei Termine hatten zur Auswahl gestanden, um uns mit unseren Gesprächspartnern Bürgermeister Thomas Kerkhoff und Michael Köller zu treffen – lediglich der heutige war mit den Terminkalendern der K&Ks (Kerkhoff & Köller) kompatibel.

Ziel war es, zwischen emsig wuselnden Handwerkern Hintergründe und Impressionen von diesem Projekt, der „Tiefgarage Europaplatz“, einzufangen und mit euch zu teilen. 

 

Donnerstag | 28. August 2025 | 07.55 Uhr  | 46399 Bocholt | Europaplatz | Vor dem BOH’s Kiosk am Bustreff

 

Ihr kennt das Sprichwort: „Fünf Minuten vor der Zeit ist den Deutschen Pünktlichkeit.“ Und so pulverisierten sich angesichts des just eintreffenden Ersten Bürgers dieser Stadt und dem bereits wartenden Miki Köller (so Kirstens Bezeichnung für ihren alten Bekannten) die Hoffnungen auf einen Synapsen-Anschubs-Kaffee aus dem nahe gelegenen Kiosk. Händeschütteln zur Begrüßung, Uhrenvergleich – in 45 Minuten steht für Thomas Kerkhoff der nächste Termin an. Über die Einfahrt aus Richtung Ravardistraße laufen wir ins Objekt ein. Während der Bürgermeister sein Lastenrad sichert, rasch der Faktencheck zum mir eher unbekannten Michael Köller: 

Michael, ich habe im Vorfeld ergoogelt, was auf deiner Visitenkarte stehen könnte – demnach bist du in der
Stabsstelle für Großprojekte und Sonderaufgaben der Stadt Bocholt verortet, welche an den Geschäftsbereich der ebäudewirtschaft angedockt ist. 

Michael Köller: Das ist richtig. Ich bin zum 01. Juni 2020 eher „zufällig“ im öffentlichen Dienst gelandet. 

Angesichts der sich mehrenden, jüngsten Begegnungen mit dem Begriff „Serendipity“ – wonach das Glück im Zufall zu suchen ist, würde ich gerne tiefer mit Michael in seinen Zufall eintauchen. Wir vertagen bzw. verminutieren die Aufklärung dieses Öffentlichen-Dienst-Zufalls auf den Zeitraum nach der Begehung der Tiefgarage. 

Hard Facts Michael Köller 

Gerne zunächst ein paar Stichpunkt zu dir, damit ich weiß, mit wem wir gleich in „Bocholts Unterwelt“ eintauchen 😉  

Michael Köller: Jahrgang 1960 | Bocholter Jung | Ab 01. Oktober 2025 offiziell (eigentlich) in Rente – dazu später mehr | Erfahrener Elektroingenieur | Jahrzehntelang für Ingenieur-Gesellschaften in Frankfurt und Köln aktiv und unterwegs | Projektleiter Elektrotechnik u. a. beim Neubau der Europäischen Zentralbank in Frankfurt … der Hauptstelle der Provinzial in Münster … des Kölner Stadtarchivs … eines der Kranhäuser als neue Wahrzeichen von Köln … des Film- und Fernsehstudios in Köln-Ossendorf (RTL, VOX und Pro Sieben) … der Köln Arena etc. | Ehemann | Vater zweier erwachsener Kinder …

… und laut Thomas Kerkhoff ein „Glücksgriff“ für die Stadt Bocholt – wie er mir im Telefonat sagte.  

Michael Köller: Es steht mir nicht zu, das zu bewerten – aber es ist richtig, dass mein Erfahrungswissen für die Durchführung von Großprojekten für Bocholt relevant war und ist. 

Hard Facts Tiefgarage Europaplatz 

Lass uns gerne über die harten Fakten der Tiefgarage sprechen, in deren oberster Ebene wir jetzt stehen. 

Michael Köller: Okay, sie wurde 1982/1983 errichtet – zu Zeiten des Kalten Krieges … seinerzeit unter anderem als Luftschutzbunker konzipiert | 78,50 Meter lang … 42,40 Meter breit | 6.400 Quadratmeter groß – davon: 2.000
Quadratmeter für Stellplätze, 3.800 Quadratmeter Verkehrswege und 600 Quadratmeter für Technikräume  

Wie viele Fahrzeuge können hier in Kürze geparkt werden? 

Michael Köller: Es gibt insgesamt 156 Stellplätze. 16 davon sind noch breiter als die sowieso schon komfortablen
Buchten: Zehn Stellplätze haben eine Breite von 3 Metern, sechs Stellplätze sind sogar 3,50 Meter breit. Das sind Parkplätze für Menschen mit einem Handicap und sogenannte Familien-Parkplätze mit ausreichend Raum für das Händeln von Kinderwagen etc. 

Zudem haben wir sechs Stellplätze mit Ladestationen für  E-Autos – mit der Möglichkeit, weitere Stationen nachzu-
rüsten. 

Kann ich mit unserem treuen alten Land Rover Defender hier reinfahren? 

Michael Köller: Wenn dieser die lichte Höhe von 2,00 Meter nicht überschreitet, bist du herzlich willkommen. Das bist du übrigens auch, wenn der Landy höher als zwei Meter ist – aber dann geht es nicht ohne Blessuren ab ;-). Ein VW T6 oder ähnlich sollte passen … man spricht im Übrigen auch von einer X7-tauglichen Garage 😉

Wir haben das Stellplatz-Konzept den neueren Fahrzeugtypen angepasst. 

Renovierung & Neuerungen 

Wir stehen inmitten eines Areals, das viele Bocholter und Menschen aus dem Umfeld noch vor Augen haben, was hat sich verändert? 

Michael Köller:

  • Die Tiefgarage wurde komplett entkernt. 
  • Die jahrzehntelangen Wassereintragungen durch einfahrende Fahrzeuge hatten dazu geführt, dass deren eingebrachtes Regenwasser irgendwann in den Beton eingesickert ist und infolgedessen die Moniereisen korrodiert sind. Viele der Leserinnen und Leser werden sich noch an die Schlaglöcher erinnern, die dadurch entstanden waren. Die  Betonflächen in der Tiefgarage mussten also großflächig saniert werden. 
  • Zudem musste das Gebäude statisch ertüchtigt werden. Im zweiten Untergeschoss standen zu guter Letzt rund 1.000 Stahlstützen – nachdem die Tiefgarage für den öffentlichen Verkehr gesperrt werden musste. 
  • Was auch noch in Erinnerung sein könnte, ist die offene Gestaltung der beiden Parkebenen. Wir haben Zwischenwände in Form von Wandscheiben eingezogen, um Korridore zu schaffen. Die sind wichtig, um im Falle eines Brandes den Rauchabzug zwischen den sogenannten Jet-Turbinen und den Abzugsschächten zu kanalisieren und die Ebenen zu entrauchen. Die ursprüngliche offene Gestaltung hätte zwangsläufig zu Verwirbelungen geführt. Erfahrungen und Erkenntnisse aus nationalen und internationalen Unglücksfällen … haben Qualität und Sicherheit auf höhere Level geführt. 

 

Was ist neu, was vorher nicht vorhanden war?

Michael Köller: Technik und Sicherheitsaspekte haben sich weiterentwickelt, von daher dürfen die Gäste, die hier parken, in Kürze auf folgende Neuerungen vertrauen: 

  • Was den Komfort betrifft: Es gibt einen barrierefreien Aufzug und zwei großzügige, helle Treppenhäuser mit Glas-Cubes auf dem Europaplatz.
  • In unserer Tiefgarage kommen präsenzgesteuerte Beleuchtungssysteme zum Einsatz, die bei fehlender Aktivität automatisch auf ein energiesparendes Niveau von 20 Prozent herunterfahren. Zusätzlich sorgt eine integrierte Sicherheitsbeleuchtung dafür, dass im Notfall ausreichend Licht zur Verfügung steht, um das Gebäude sicher zu verlassen.
  • Der Komplex ist mit einer flächendeckenden Brandmeldeanlage ausgestattet und mit einer Entrauchungsanlage, die durch Jet-Ventilatoren unterstützt wird. Die Entrauchungsklappen öffnen sich im Notfall automatisch. Zusätzlich sorgt eine flächendeckende Sprinkleranlage für maximalen Brandschutz. Der dazugehörige Löschwasserbehälter fasst 140 Kubikmeter Wasser, was in etwa dem Volumen eines anständigen Swimmingpools entspricht. Der Behälter, der an einen übergroßen Seecontainer erinnert, versorgt das gesamte Rohrleitungssystem im Brandfall mit Löschwasser – sprich alle roten Rohre, die ihr beim Rundgang seht, sind Teil dieses komplexen Sicherheitssystems.
  • Die gesamte Tiefgarage wird durch eine eigene oberirdische ompakttrafostation mit einer Leistung von 630 kVA mit Strom versorgt. Das entspricht in etwa dem Energiebedarf von 100 bis 150 Haushalten, je nach Größe. Bei einem Netzausfall werden darüber hinaus alle sicherheitstechnischen Anlagen über ein eigenes Notstromdieselaggregat mit Strom versorgt.
  • In der Tiefgarage sind die Laufwege für Fußgänger und Radfahrer durch klare Farbmarkierungen hervorgehoben. Zusätzlich ermöglichen taktile Leitsysteme am Boden eine sichere Orientierung für sehbehinderte und blinde Menschen.

Stichwort: Digitalisierung | Smartes Parkraum-Management 

Thomas, wie machen wir diese Begrifflichkeit … die Philosophie der Stadt Bocholt für die Leserinnen und Leser greifbar? Was sollten wir über die eigens dafür gegründete Tochter der Stadtwerke Bocholt wissen? 

Thomas Kerkhoff: Die Smart City GmbH ist ein wichtiger Meilenstein auf unserem Weg in die digitale Zukunft. Sie wird sich vor allem mit der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge, dem Klimaschutz und der Digitalisierung unserer Stadt beschäftigen. Damit schaffen wir ein modernes, nachhaltiges und lebenswertes Bocholt für alle.

Diese Gesellschaft wird zudem die städtischen Parkmöglichkeiten der Stadt Bocholt verwalten, d. h. das Parkhaus am Nähkasten, die Tiefgarage, in der wir gerade stehen … und perspektivisch auch den Berliner Platz, sowie das in Planung befindliche Parkhaus am Bahnhof – kopfseitig vor der Ewaldstraße. 

Wichtig zu wissen ist, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Smart City GmbH sich um die Verwaltung dieser Flächen und Gebäude kümmern, während spezialisierte Betreiber … sprich Pächter … diese Immobilien und Anlagen unterhalten. 

Auf welche Kosten dürfen sich die Parkenden einstellen, z. B. hier in der Tiefgarage? 

Thomas Kerkhoff: Das haben wir sehr griffig und mit Augenmaß kalkuliert: Eine Stunde Parken mit dem Auto kostet 1 Euro. Dank der Digitalisierung ist eine passgenaue Abrechnung möglich, d. h. 45 Minuten kosten umgerechnet auch nur 75 Cent.

Bleiben wir gerne bei der Digitalisierung, welche Vorteile versprecht ihr euch für die Zukunft des Parkens in Bocholt? 

Thomas Kerkhoff: Durch die Digitalisierung in Bocholt wird es für Besucher, perspektivisch betrachtet, deutlich komfortabler. Ich erkläre das gerne an einem Bild, das die Zukunft abbilden könnte: Sobald jemand von außerhalb in sein Auto steigt, um zum Beispiel die Kreishandwerkerschaft am Europaplatz 17 zu besuchen, zeigt ihm eine App in Echtzeit die verfügbaren Parkmöglichkeiten in der Nähe. Zusätzlich wird für ihn direkt ein freier Parkplatz reserviert, sodass er entspannt ankommen und sich ganz auf seinen Termin konzentrieren kann. 

Bei großen Veranstaltungen wie der beliebten Bocholter Kirmes werden auch gesperrte Bereiche angezeigt, sodass unnötige Suchzeiten entfallen und Besucher sich gezielt auf verfügbare Parkmöglichkeiten in der Umgebung konzentrieren können.

Welche Effekte versprecht ihr euch als Stadt? 

Thomas Kerkhoff: Durch die Digitalisierung entsteht für Bocholt eine geschlossene Wertschöpfungskette. Die Kennzeichenerkennung auf den Parkflächen liefert in Echtzeit wertvolle Daten über die Herkunft der Besucher. Diese Informationen ermöglichen es der Stadt, gezielt Marketingmaßnahmen zu ergreifen und Besucherströme optimal zu lenken. So kann man zum Beispiel gezielt Gäste aus einer bestimmten Region ansprechen und ihnen ein besonderes Angebot machen, was wiederum die gesamte lokale
Wertschöpfung stärkt.

Opening soon … 

In der Vergangenheit kam es zu Verzögerungen bei der geplanten Eröffnung der Tiefgarage. Wie ist der aktuelle Stand der Dinge? 

Michael Köller: Wir haben die Eröffnung der renovierten Tiefgarage für den 1. Dezember 2025 geplant. Wir tun alles, um diesen Termin einzuhalten, müssen aber akzeptieren, dass nicht alle Faktoren in unserer Hand liegen. Es ist ein sehr komplexes und detailreiches Projekt. Es gibt gleich sieben unabhängige Abnahmen von Sachverständigen des TÜVs zu den Gewerken: Sprinkleranlage | Aufzug | CO2-Warnanlage | Sicherheitsbeleuchtung | Brandmeldeanlage | Lüftungsanlage | Elektrik

Die TÜV Rheinland übernimmt die Oberaufsicht, wobei die Abnahmen von unterschiedlichen TÜV-Standorten verantwortet werden. Jeder Sachverständige benötigt etwa sechs Monate Vorlauf, was eine präzise Koordination erfordert … und bisweilen auch hellseherische Fähigkeiten ;-).

Schlussendlich wird im sogenannten „Wirkprinzip“ geprüft, wie die einzelnen Systeme zusammenwirken. Das zeigt, wie anspruchsvoll dieses Projekt sich gestaltet. Natürlich ist das bisweilen unbefriedigend … auch für uns. Andersherum sorgt diese Gründlichkeit für ein Mehr an Sicherheit. Die Bürgerinnen und Bürger dürfen darauf vertrauen, dass hier nichts dem Zufall überlassen wird. 

Nach dem allumfassenden Rundgang durch die beiden Ebenen, Technikräume etc. verabschiedet sich Bürgermeister Thomas Kerkhoff, der mit seinem Lastenrad das nächste Meeting anradelt.

Beim Rundgang habe ich abermals mein verstaubtes Schubladen-Bild über Baustellen revidieren müssen. Alles wirkt extrem sauber, aufgeräumt … organisiert. Eine von mir wahrgenommene Packung Toffifee in einem improvisierten Pausenraum könnte ein Hinweis darauf sein, dass auch die Handwerker-Nahrung in Form von Mettbrötchen und Stullen sich weiter aufgefächert hat 😉 Wahrscheinlicher ist jedoch, dass einer der Handwerker beim Sonderangebot des BOH’s Kiosk zugeschlagen hat – wie ich rekapituliere, als wir mit Michael Köller zu einem wohlverdienten Kaffee dort einkehren 😉

 

Nachvernehmung des „Glücksgriffes“ 😉

So, lieber Michael, jetzt befriedige bitte unsere Neugierde … wie landet man „zufällig“ im öffentlichen Dienst? 

Michael Köller: Zum Beispiel, wenn man eine achtsame Tochter mit Namen Mavis hat. 

Auf meine Nachfrage erfahre ich, dass dieser schön-seltene Name der Fantasie von Michaels Frau entsprungen ist, die vor ein paar Jahrzehnten einem schönen Buch diesen Namen
entliehen hat. Mavis ist mittlerweile 36 Jahre jung und Schwester von Michaels Sohn Miles (32). Schon exotische Namen, die Köllers seinerzeit ihren Sprösslingen verliehen haben. Der Name des Zweitgeborenen sei quasi eine logische Fortführung gewesen – „Jürgen“ hätte aus Sicht der Köllers zu disharmonisch gewirkt 😉 

Mavis hat mich Anfang 2020 darauf aufmerksam gemacht, dass bei der Stadt Bocholt eine Stelle als Elektroingenieur ausgeschrieben war. Sie war der Ansicht, dass die Zeit, die ich auf den Autobahnen rund um Köln und Frankfurt verbringe, besser in unser Familienleben investiert wäre. Eine Sichtweise, die meine Frau teilte und der ich mich aus gewachsener  Überzeugung angeschlossen habe. Seit fünf Jahren genieße ich es, mit dem Rad zur Arbeit zu fahren – auch wenn der Weg dorthin eher ungewöhnlich war …

 … dem Zufall geschuldet, wie du ja schon angedeutet  hast …

 

Michael Köller: Richtig. Im Nachgang zu meiner Bewerbung und zum anschließenden Vorstellungsgespräch teilte man mir mit, dass ich für die ursprünglich ausgeschriebene Stelle überqualifiziert sei. Aber … es stünden mehrere Projekte für die Stadt Bocholt an, für die mein Erfahrungswissen von Vorteil sein könne. 

Unter anderem ging es auch um das Thema Rathaussanierung. Für ein solches Mega-Projekt könnte die städtische Gebäudewirtschaft Unterstützung gebrauchen. Ob ich mir nicht vorstellen könne, die letzten Jahre meiner beruflichen Tätigkeit in meinem Heimatort zu verbringen?  

Konntest du … sonst säßen wir jetzt nicht hier beim Kaffee, oder? 

Michael Köller: Ich will nicht verhehlen, dass ich angefixt war und ja … ich fühlte mich geehrt für das Vertrauen und die Möglichkeit, ein Stück Bocholt mitgestalten zu dürfen. Am Ende längeren Nachdenkens stand der Entschluss, in die ausgestreckte Hand der Entscheidungsträger der StadtBocholt einzuschlagen. 

Win-Win … wie man so sagt. Ich erinnere mich an die Passage aus einem Vorgespräch mit Thomas Kerkhoff, dass nicht jede qualifizierte Person gleich Hurra schreien würde, wenn man sagt: „Wir haben da eine Tiefgarage … ein Parkhaus … und ein Rathaus, die auf Sie warten.“ 😉

Bei diesen Gedanken ploppt eine alte Führungsweisheit von Dr. Reinhard K. Sprenger bei mir auf, die sinngemäß lautete: „Wenn es darum geht, Stärken und Kompetenzen von Menschen zu sichern, muss man flexibel genug sein, neue Jobs zu erfinden.“ Das scheint hier mit der Schaffung der Stabsstelle für Michael Köller umgesetzt worden zu sein. 

Wir bist du mit den verschiedenen Projekten umgegangen, die dir hier offeriert wurden?  

Michael Köller: Das lief teilweise parallel. Sprechen wir zunächst über das Projekt, das inzwischen abgeschlossen und in Betrieb genommen wurde: Das Parkhaus am Nähkasten mit seinen 320 Stellplätzen über sieben Etagen und mit modernster Technik wie Kennzeichenerfassung und diversen Bezahl-Optionen. 

Das Projekt Tiefgarage steht ebenfalls kurz vor dem Abschluss. Auch wenn Restarbeiten und Mängelbeseitigung erfahrungsgemäß noch ein paar Monate andauern werden, sind wir dann mit dem Gröbsten durch. 

Die Rathaussanierung läuft … sodass ich eigentlich zum 01. Oktober 2025 in Rente gehen könnte. 

Was verbirgt sich hinter dem Konjunktiv? 

Michael Köller: Der mit der Stadt vor Kurzem geschlossene Vertrag, wonach ich noch 15 Monate dranhänge, um mich dem Neubau des Euregio-Gymnasiums und der Maria-
Montessori-Schule zu widmen. 

Die Stadt Bocholt hat über verschiedene Kanäle verlautbaren lassen, dass sie in den kommenden Jahren insgesamt 200 Millionen Euro sind für Sanierungen, Erweiterungen und Neubauten an Schulen wie dem Euregio-Gymnasium, der Maria-Montessori-Schule … investieren wird. 

Hier findest ihr den Grundriss/ Ausführungsplanung für die Tiefgarage am Europaplatz

 

Eine letzte, persönliche Frage 

Auch wenn es schwer möglich ist … aber … löse dich bitte mal aus deiner Funktion bei der Stadt Bocholt, lieber Michael. Was würdest du als Privatperson sagen, wenn man dich zu deiner ehrlichen Meinung zur Sanierung des Bocholter Rathauses fragen würde? 

Michael Köller: Ganz ehrlich! … das Rathaus ist architektonisch einzigartig und absolut erhaltenswert. Das Teil wird nach seiner Renovierung ein absolutes Highlight und ein Aushängeschild für Bocholt sein. Eine echt „geile Kiste“, wie jüngere Generationen sagen würden – mit dem Charme und der Patina der 70er. Mit dem ursprünglichen Grünton hat das Sonnenlicht sein Spiel getrieben. Ob es irgendwann eine Idee sein kann, diese Farbe aufzufrischen … 

… was möglicherweise die Kostendiskussion weiter befeuern würde.

Michael Köller: Bleiben wir ruhig bei den Kosten: Was mir bei der Diskussion darum bisweilen fehlt, ist die Reflexion der Alternativen. Wir erhalten das Stadttheater mit seinen 685 Sitzplätzen – ein absolutes Alleinstellungsmerkmal in der Region, wonach sich viele Städte die Finger lecken würden. Eine vergleichbare Location neu zu bauen, würde nach meiner Schätzung 35 bis 40 Millionen Euro kosten. Der Neubau eines Verwaltungsgebäudes würde sich in einem ähnlichen Rahmen bewegen. Von daher unterstütze ich die Renovierung unseres Rathauses – auch unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit. 

Bitte nicht missverstehen … das ist eine Menge Geld, das dafür in die Hand genommen wird. Aber das war bei ganz großen Projekten wie der Elbphilharmonie oder den schon angesprochenen Kranhäusern in Köln auch der Fall. Beide prominenten Beispiele prägen mittlerweile als Wahrzeichen die Stadtbilder, von Hamburg bzw. Köln. Was seinerzeit viele Steine des Anstoßes waren, trägt heute zum Stolz der Städte und der Menschen bei, die darin leben.  

Ein schönes Schlusswort, lieber Michael, wir sehen uns in der Tiefgarage oder andernorts. 

 

Epilog

Nach der Verabschiedung von Michael Köller gönnen Kirsten und ich uns ein weiteres Heißgetränk aus dem Kiosk. Während wir dort sitzen, um Gesagtes und Fotografiertes zu sortieren, begegnen wir Bekannten und Unbekannten. Unter anderem treffe und schnacke ich mit Peter – einem Mann Mitte Achtzig, dem ich vor Monaten in einer Bocholter Gastronomie als Berater zur Seite gesprungen war. Sein Wunsch war es gewesen, dort Nudeln zu essen – ein Wort, das viele der heutigen Speisekarten nicht mehr in den Mund bzw. aufs Papier nehmen. Ein unhipper Begriff, der auch einigen Menschen aus dem Service nicht mehr geläufig zu sein scheint. Auf meine Frage, welche Nudeln er am liebsten essen würde, kam: Spaghetti bolognese. Auf mein Anraten hin bestellte sich Peter eine Portion Lasagne. Sein Misstrauen pulverisierte sich, als ich ihm sagte, dass ich bei Nichtmögen seinen Deckel übernehmen würde. So bekam Peter seine Spaghetti bolognese quasi angerichtet in Form von Lasagnescheiben. Seine Wow-Erkenntnis: „Da muss man über Achtzig werden, um so etwas Leckeres zu essen.“ Wie bei so vielem im Leben: Kommunikation kann der Schlüssel sein. 

Nach Peter traten drei uns unbekannte junge Schülerinnen an unseren Tisch und baten um zwei Euro – es sei quasi ein Notfall. Ich weiß nicht, ob es die Story war, die mich erweichte … oder das vertrauensvolle: „Ey Bruder, das ist voll wahr, was ich dir erzähle.“ 😉

Spätestens bei der abermaligen Begegnung mit dem „Bocholt-Reiniger“, zu dem wir bei Gelegenheit eine wertschätzende Story mit euch teilen werden, wuchs die Erkenntnis, dass
Kirsten und ich viel zu selten am Europlatz einen Kaffee schlürfen. Daraus wuchs die Idee für ein Fotoprojekt – dessen vorläufiger Arbeitstitel: „Begegnungen auf dem Europaplatz“. 

Von dort aus traten wir den Heimweg an und bogen auf den Markt am Gasthausplatz ein, um etwas fürs Mittagessen zu besorgen. Am Fischstand von Jan de Graaf packten wir spontan die Kameras wieder aus – fasziniert von ihm, seinem Team und der Vielfalt an frischem Fisch, die wir in stimmungsvollen Bildern festhalten wollten – möglicherweise für das Folgeprojekt „Begegnungen auf dem Gasthausplatz“. Wir werden berichten. Fakt ist, dass wir durch die Frühe-Vögel-Aktion um Erlebnisse und Begegnungen bereichert wurden, die uns darin bestärken, in einer liebenswerten Stadt zu wohnen. 

Auch wenn ich als eher technisch unbedarfter Mensch glaube, vieles von dem verstanden zu haben, was Michael Köller mir geduldig erklärt hat, blieb eine Frage offen. Seine Antwort
darauf schickte er mir später per WhatsApp:

„Hi Roland, grundsätzlich gehören alle Bauten, egal welche, zum Hochbau. Tiefbauarbeiten sind letztendlich Arbeiten, die im Erdreich stattfinden, wie zum Beispiel Kanalverlegungen. Diese fallen unter den Begriff ‚Tiefbau‘ – alles andere gehört zum Hochbau.“

Für mich bleiben solche Weisheiten böhmische Dörfer – ober- oder unterhalb der Erdkruste 😉

Eure Underground-PANenthusiasten 

Stadtverwaltung Bocholt

Kaiser-Wilhelm-Str. 52-58, 46395 Bocholt
Tel.: ++49 2871 953-0

stadtverwaltung@bocholt.de
www.bocholt.de

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