Saison 2025: Zwischen Höhen, Träumen und harter Arbeit
Fotos:Ines Bowenkerk / Text Kirsten Buß
„Es geht nicht immer um die Zahl auf dem Papier –
es geht darum, wie man wächst.“
Nach unserem großen Porträt zu Jahresbeginn meldet sich Ines Bowenkerk eindrucksvoll zurück. Die ersten Monate ihrer Saison 2025 waren intensiv, emotional und voller Meilensteine. Wir haben mit ihr über die wichtigsten Stationen gesprochen.
EM-Sichtung (06.04.25)
„Ines, deine Saison begann mit der EM-Sichtung im April. Dort gab es keine Platzierungen, aber die Möglichkeit zur Qualifikation. Wie hast du diesen Auftakt empfunden?“
Dieser Tag war tatsächlich so ganz anders, als ich es gewohnt war. Durch meine finale Platzierung auf der Deutschen Meisterschaft 2024 hatte ich die Qualifikation ja schon mehr oder weniger in der Tasche. Im Hinterkopf hatte ich also „Es kann ja eigentlich nichts mehr schiefgehen“, also ging ich sehr entspannt an diese Show ran. Die Sichtung diente dazu, dass die Jury vorab sehen kann, welche Athleten für Deutschland an den Start gehen
dürfen, und wenn du nicht gerade noch 10 kg Fett verlieren musstes, ist die Quali safe. Meine Form war dementsprechend auch noch nicht zu 100 % fertig, da das nicht mein „Hauptwettkampf“ war. Demnach habe ich mich auch nicht so wohlgefühlt und der „Drive“ war nicht so da. Deshalb war ich ehrlicher-
weise froh, als der Tag vorbei war und wir die Zügel für die Hauptwettkämpfe so richtig anziehen konnten. Zur Orientierung: Ab
diesem Zeitpunkt verlor ich noch mal an die 4 kg!
FBB Mr. Universe Prag (19.04.25)
„Nur zwei Wochen später ging es für dich nach Prag zum Mr. Universe. Platz 4 ist ein starkes Ergebnis – wie hast du diesen Wettkampf erlebt?“
Tatsächlich war das bis dato einer der schönsten und bestorganisierten Wettkämpfe überhaupt. Ich habe mich schon zu Beginn meiner Anreise bis zur Ankunft zu Hause pudelwohl gefühlt und meinen Auftritt in vollen Zügen genossen. Im Nachhinein betrachtet war ich etwas enttäuscht, dass es „nur“ der 4. Platz wurde, da ich erfahren habe, dass ich gerade mal einen Punkt vom dritten Platz entfernt war. Das tat im ersten Moment sehr weh, aber zeigte mir auch, dass ich noch weiter an mir arbeiten darf und muss, um langfristig weit vorne mitspielen zu können. Ich vermute, dass, wenn ich die Form, die ich auf der NRW-, oder der Deutschen Meisterschaft gebracht hätte (bisschen trockener), ich es an dem Tag unter die Top 2 geschafft hätte. Der erste Platz war gerechtfertigt – die Konkurrentin war wunderschön! Ich wusste also, da geht noch mehr …
Europameisterschaft Santa Susanna (03.05.25)
„Santa Susanna gilt als Bühne der Besten. Wie war es für dich, bei der Europameisterschaft teilzunehmen und dich mit Athleten aus ganz Europa zu messen?“
Ganz ehrlich? Unbeschreiblich. So wirklich realisiert habe ich es auch erst, als ich von der Bühne wieder runtergegangen bin. Ich meine, wir standen mit fast 30 (!!!) Mädels in meiner Klasse. Eine schöner als die andere … und ich mittendrin. Am Ende wurde es „nur“ Platz 20. Aber damit bin ich völlig fein. Ich stand auf der Europameisterschaft in Spanien diese Erinnerungen kann mir keiner mehr nehmen. Allgemein war der Wettkampf bzw. die Reise an sich etwas ganz Besonderes. Zum allerersten Mal bin ich ohne meinen Verlobten, der ja quasi wie mein Manager ist und sich um mich und alles Drumherum kümmert und wirklich an ALLEN WETTKÄMPFEN immer mit dabei war, nicht mitgeflogen, sondern meine Mama. Es war also ein „Mama-Tochter-Trip“. Zuerst wollte ich alleine fliegen und mich dieser Herausforderung stellen, war dann aber doch sehr froh – und bis heute dankbar – dass mich meine Mama begleitet und
unterstützt hat.
NRW-Landesmeisterschaft (10.05.25)
„Bei der NRW-Landesmeisterschaft konntest du dir den Klassensieg sichern. Was ging dir in dem Moment durch den Kopf, als dein Name aufgerufen wurde?“
Ich glaube, Bilder sagen mehr als Worte. An diesem Tag hat alles gestimmt und, ohne vorher gewusst zu haben, wer mit mir auf der Bühne stehen würde, hatte ich ein gutes Gefühl. Und dennoch war ich sprachlos und konnte es nicht glauben. Vier Jahre hat es gedauert, bis ich diesen Titel bekommen habe und dann kam der Moment. Die NRW-Meisterschaft ist ein Heimspiel für mich und gleichzeitig mein Qualifikationswettkampf für die Deutsche Meisterschaft gewesen. Ich wusste, meine Eltern und auch Freunde werden da sein, und zu wissen, dass sie mich siegen sehen, war ein schönes Gefühl. Ich war den Tränen nahe.
Deutsche Meisterschaft (24.05.25)
„Nur zwei Wochen später dann der nächste Erfolg: der Klassensieg bei der Deutschen Meisterschaft. Was bedeutet dir dieser Titel im Vergleich zu den internationalen Auftritten?“
Aller guten Dinge sind bekanntlich drei. Immer wenn ich „Ich bin deutsche Meisterin“ ausspreche, fühlt es sich surreal an. Den Titel der deutschen Meisterin zu haben – bei dem größten Wettkampf Deutschlands – ist natürlich was ganz Besonderes, worauf ich sehr stolz bin. Und gleichzeitig strebe ich mehr an. Zukünftig werde ich keine nationalen Wettkämpfe mehr bestreiten und nur noch international an den Start gehen.
Internationale Wettkämpfe sind zwar kostenintensiver und definitiv auch aufwendiger, was die Planung betrifft, aber gleichzeitig auch „magischer“. Ich liebe es, zu reisen und neue Länder zu entdecken, was gibt es also Schöneres, als so eine Reise mit meinem Hobby zu verbinden? Ich möchte mich nicht „nur“ mit den besten Athletinnen Deutschlands messen, sondern weltweit konkurrenzfähig sein.
IFBB Diamond Cup Hungary (08.06.25)
„Den Abschluss deiner Frühjahrs-Saison bildete der
Diamond Cup in Ungarn, wo du den dritten Platz erreicht hast. Mit welchem Gefühl bist du von diesem Wettkampf zurückgekommen?“
Zu diesem Zeitpunkt befand ich mich seit sieben Monaten auf Wettkampfdiät. Budapest war mein sechster und somit letzter Wettkampf der Saison. Es war eine Mischung aus Erleichterung und Dankbarkeit, dass ich die Saison so lange durchgezogen habe bzw. durchziehen konnte, aber auch, dass die Saison nun vorbei ist und ich mich wieder meiner Gesundheit etc. widmen kann. Anderseits hatte ich aber auch Angst, oder besser gesagt Respekt vor dem, was nun vor mir liegt – die Reverse Diet. Und auch wenn ich diese Phase schon mehrmals durchlebt habe und theoretisch weiß, was auf mich zukommt, ist da immer noch dieses „mulmige“ Gefühl, das einen begleitet.
Ausblick und Persönliches
Wenn du auf die ersten Monate von 2025 zurückblickst – welches Erlebnis hat dich am meisten geprägt?“
Puuuuh, gute Frage. Ich glaube, die Zeit zwischen der NRW- und der Deutschen Meisterschaft. In den zwei Wochen ging es mir zwischenzeitlich (körperlich) so schlecht, dass ich den Gedanken hatte, ich müsste aufgeben. Ich kann mich noch genau an die Situation erinnern, als ich eines Abends nach der Spätschicht weinend im Auto saß, nach Hause kam und zu meinem Verlobten sagte: „Ich kann nicht mehr. Ich weiß nicht einmal mehr, wie ich jetzt duschen, geschweige denn was essen soll. Ich bin so kaputt, ich will mich einfach nur noch ins Bett legen und schlafen“. So fertig und überfordert war ich.. Und das ist jetzt nicht überspitzt formuliert. Es war genauso, wie ich es beschrieben habe. Mein Verlobter hat mir daraufhin gut zugeredet und mich weiterhin unterstützt. Und das Verrückte, oder schon fast Paradoxe (wenn man das in dem Kontext so sagen kann) daran ist – sobald ich die Bühne betrete – sind all diese schweren Momente vergessen.
Und als ich dann den Sieg auf der Deutschen Meisterschaft holte, realisierte ich, WOFÜR ich das mache. Warum ich all das in Kauf nehme, kämpfe und an meinen Träumen festhalte. Ganz egal – wie viele Steine mir in den Weg gelegt werden. Da trennt sich eben die Spreu vom Weizen – WIE SEHR WILLST DU ES UND WAS BIST DU BEREIT, DAFÜR ZU GEBEN? Das Weitermachen, das Nichtaufgeben, war meine Antwort darauf und der Sieg meine Belohnung (die Kirsche auf der Sahnetorte, haha) und gleichzeitig auch meine Bestätigung, dass du alles erreichen kannst, wenn du den Effort besitzt und an deinen Träumen festhältst und dafür kämpfst!
„Was nimmst du aus dieser intensiven Saison mit für deine nächsten Schritte?“
Die Konkurrenz schläft nicht und hard work pays off! Ich werde weiterhin hart an mir arbeiten, um bei meinem nächsten Auftritt hoffentlich erneut die beste Version meiner Selbst präsentieren zu können.
„Und zum Schluss: Gibt es schon ein Ziel oder einen Traum, auf den du jetzt hinarbeitest?“
Auf jeden Fall! Keine Ziele zu haben bedeutet für mich den totalen Rückschritt.
Veränderungen und Entwicklung sind notwendig, um Stagnation zu vermeiden (das gebe ich meinen Schützlingen, also meinen Coachees, auch immer wieder mit auf ihren Weg). Wie bereits angeteasert, werde ich zukünftig nur noch international an den Start gehen und dort ist es mein Ziel, immer weit vorne mitzuspielen – TOP 3! Mein BIG GOAL für die Zukunft: ein internationaler Klassen- und Gesamtsieg, damit ich einmal im Leben die Profi-Karte in der Hand halten kann!