Fotos: Kirsten Buß // Text: Roland Buß
In der Nähe von Renesse an der niederländischen Nordseeküste | Part III
#Prolog
An diejenigen unter euch, die auf die Fortsetzung unserer Röderhaus-Story gewartet haben … ein kleines, herzliches Sorry. Unsere beiden PAN-Jubiläumsausgaben im Juli und August haben einfach unsere ganze Aufmerksamkeit erfordert. Es fehlte ein wenig an Raum … in Form von leeren Seiten … und auch die Zeit zum entspannten, sich selbst verlierenden Schreiben, um euch die noch ausstehenden Antworten zu liefern. Sprich … hat sich der letzte Hummerfischer vom Grevelinger Meer ebenfalls in den Untergrund begeben? Und … was ist eigentlich die ideale Soße zum Seeadler?
Für diejenigen, die in die komplette Story abtauchen wollen, hier der Link zu den beiden bislang erschienenen Röderhaus-Artikeln:
https://archiv.pan-bocholt.de/2024/PAN05-2024/
https://archiv.pan-bocholt.de/2024/PAN06-2024/
Schweren Herzens mussten wir zwischenzeitlich abermals die legendären Goedereeder Portweintage am 14. und 15. Juni 2024 schwänzen. Dieses weinselige Event und dessen Hintergrund werden wir 2025 in den Fokus nehmen (Vertrag mit uns selbst! – Wir werden berichten, versprochen!).
Dennoch … als Appetizer … ein paar Zeilen vorneweg: Gegen Ende des Ersten Weltkrieges, also im Jahr 1918, sank ein Schiff mit einer großen Ladung Portwein an Bord vor der niederländischen Küste.
Sofort stachen die Fischer aus Ouddoorp, Stellendam und Goedereede in See. 434 Port-Fässer konnten geborgen und in dem kleinen Hafen von Goedereede in Sicherheit gebracht werden. Im weiteren Verlauf wurden sie im Einklang mit dem Seerecht für umgerechnet 1,3 Millionen Euro öffentlich versteigert.
Eine gewaltige Summe zur damaligen Zeit, die vielen Fischern und deren Familien in der Umgebung ihr Überleben sicherte. Durch diesen unerwarteten Gewinn konnten sie in ihre Boote investieren. Daraus erwuchs ein ansehnlicher Wohlstand für die Menschen in der Region. Ein glücklicher Zufall, dem man in jedem Jahr mit den Portweintagen gedenkt.
Apropos Zufall … wer mag an Zufall glauben, dass ausgerechnet wir als Portwein-Freaks vor drei Jahren in dem Nest strandeten, wo seinerzeit die Fässer angeschwemmt wurden? 😉
Ist Goedereede möglicherweise das vinologische Bermudadreieck für Port und Portwein-Nasen?
Vor diesem Hintergrund sehe ich die Spontan-Entkorkung einer unbekannten Bouteille aus Christophs Wijnkelder mit ganz anderen Augen. Blicken wir ein paar Tage zurück …
#Flashback
Sonntag | 24. März 2024 | 22.16 Uhr
Weinkeller des röderischen Kleinods
Es war abermals ein Gespräch über Gott, die Welt, Port und andere weinselige Tropfen, das unsere Synapsen beflügelte. Wohlgenährt durch ein perfekt gebratenes Ribeye-Steak in Christophs Kombüse, einen 2016er Barolo und einen andalusischen Sherry kreisten unsere Gedanken darum, welcher Tropfen ein würdiges Finale für diesen Abend sein könnte. Ein Tag … geprägt durch eine ausgiebige Runde am Hundestrand mit Fellnase Paula und die spontane Verabredung am Küchentresen mit Christoph, Marco und dessen FF (Frau Fraukje) – zwecks
Zubereitung und Einnahme eines Candle-Light-Dinners.
Ein Port schien uns dazu extremst geeignet. Noch bevor ich zur Suite „Helmut Röder“ (unserer Lieblingskammer im Röderhaus) eilen konnte, um den Leder-Bag mit den drei „eingeschmuggelten“ Portweinen zu holen, offerierte mir Christoph ein Abtauchen in den heimischen Wijnkelder. Ein Ort, der mir bislang verborgen geblieben war, der aber
möglicherweise noch den ein oder anderen trinkbaren Tropfen aus dem Nachlass von Vatter Röder beinhalten könne, so Christophs Anmoderation.
Der modrige Geruch jenseits der Kellerabgangs-Tür und das nicht vorhandene Licht schürten meine Entdeckungslust. Der schwache Schein des iPhone gab den Blick auf zwei Regale frei, in denen ca. 70 Flaschen möglicherweise ihre besten (Entkorkungs-)Tage hinter sich gelassen hatten.
Der Raum schien dank seines jahrzehntelangen Ringens mit Grundwasserspiegel und einsickerndem Regenwasser als ideales Umfeld, um die Korken vor dem Austrocknen zu bewahren – oftmals zum Leidwesen der Etiketten, die sich von den Flaschen gelöst hatten.
Ich fühlte mich ähnlich verzaubert wie Harry Potter, als er zum ersten Mal Hogwarts betrat. In einem der unteren Regalböden ließ sich die markante Form einer Portweinflasche ertasten, die wir im Schein der dezenten Beleuchtung in der Küche des Ground Floors genauer unter die Lupe nahmen.
„Alt … sehr alt“ … so mein Votum in Richtung der erwartungsfrohen anwesenden Damen und Herren. Während ich versuchte, den leicht bröselnden Korken aus der Flasche zu operieren, spekulierten wir über das mögliche Alter des Inhalts. Christoph glaubte, einen Hauch Kolumbus zu riechen 😉 … während Marco eher darauf setzte, dass die Flasche im Jahre 1975 6,50 Gulden im Spar gekostet haben könnte – wenn wir doch nur das Preisschild unter der Staubschicht ausfindig machen würden.
Was die beiden Herren verblüffte, war die Erkenntnis, dass der Tropfen durchaus noch trinkbar war. Für mich aufgrund der Füllstandes und meiner bisherigen Erfahrungen mit gereiften Ports eher Regel als Ausnahme.
Der hohe Alkoholgehalt in Kombination mit der Restsüße sind Garanten für außergewöhnliche Geschmackserlebnisse … auch im sehr betagten Alter … analog zur Spezies Mensch – bezogen auf Facettenreichtum und Tiefgang.
Ob sich das kongeniale Zusammenspiel von Promillegehalt und Süße auch auf Menschen übertragen lässt? Udo Lindenberg scheint ein Paradebeispiel dafür zu sein – zumindest was den genossenen Alkohol angeht.
Möglicherweise hat er die nicht zählbaren Gläser guten Whiskeys und Cognacs jeweils mit ein paar Stückchen Würfelzucker angereichert? Nobody knows.
Von unserem legendären Akt des Entkorkens gibt es eine Video-Passage, die es noch aufzuhübschen und zu teilen gilt. Was es zudem zu lüften gilt, ist das tatsächliche Alter des genossenen Weins.
Lieber Christoph, bewahre uns bitte die geleerte Flasche wie einen Schatz auf. Ich habe unlängst Kontakt zum Instituto dos Vinhos do Douro e Porto aufgenommen – die möglicherweise anhand der Banderolen-Fragmente für Aufklärung sorgen könnten.
Bis dahin neige ich zu der Annahme, dass es eine direkte Verbindung zwischen den 1918er-Fässern und dieser Flasche geben könnte. Möglicherweise haben die Fischer seinerzeit nur 433 Fässern unters Volk gebracht und den Inhalt eines Fasses auf Flasche ziehen lassen. 300 Flaschen gewinnt man aus einem 225-Liter-Fass, wie wir alle wissen. Was wir nicht wissen,
ist, wo die restlichen 299 Flaschen geblieben sind. Ein weiteres Secret, eins von vielen Geheimnissen dieses mystischen Ortes Goedereede.
Freitag | 14. Juni 2024 | 20.12 Uhr
Bocholt | Münsterstraße 12 | Unser Nest | Portwein-Lounge
Mit ein wenig Wehmut entkorken wir die formschöne Karaffe eines 30-jährigen Feuerheerd’s Port. Entlaufen aus dem Fundus unserer Lieblingsnachbarin Petra Niemeijer vom Weinhaus Bocholt. Wir stoßen mit den feiernden Menschen in Goedereede mental an – aus der Distanz … aber nicht minder herzlich.
Ein würdiger Tropfen, um die bisherigen Notizen und Impressionen zu unseren Auszeiten im Röderhaus zu skizzieren und … um nicht gänzlich am Gaumen auf Grund zu laufen 😉
Übrigenfalls: „Wer die Wahrheit im Wein finden will, darf die Suche nicht gleich beim ersten Glas aufgeben.“
#Zeitsprung
04. Juli 2024 | WhatsApp von Christoph Röder
Ein Foto, wo er am Strand in unserem Buchgeschenk „Die Kunst der Großzügigkeit“ (siehe Buchbesprechung im PAN „Die Kunst der Großzuegigkeit – Ausgabe April 2024) schmökert – ein Glas Rosé in Griffweite.
Der Strand, die vornehme Blässe des anscheinend gut gekühlten Weines, die Sehnsucht nach den unkomplizierten Lebenskunst-Gesprächen mit unserem Freund Christoph: „Kirsten, wir sollten Christoph anrufen und den Goedereede-Hattrick fixen.“
Gesagt, getan. Kirstens Geburtstag am 02. August 2024 soll zugleich Aufbruch in Richtung niederländische Nordseeküste und Ankunft in Goedereede sein.
Fellnase Paula scheint unserem Wortwechsel gefolgt zu sein. Sie neigt ihren Kopf freudig-verstehend zur Seite. Ihre dunklen Knopfaugen funkeln noch erwartungsfroher aus ihrem Baileys-farbenen Fell hervor als sonst.
Bevor wir es vergessen: Ihr Lieblings-Strandspielzeug hatte nach dem gefühlt 1.348zigsten Wurf in die Brandung der Nordsee einen Ermüdungsbruch erlitten.
Herr Amazon versprach alsbaldige Lieferung, nachdem ich mit Paulas Pfote den Bestellvorgang ausgelöst hatte. Dieses Shopping-Prozedere schien ihr gefallen zu haben – eine Lady halt 😉 Ich sollte in Zukunft mein Handy nicht achtlos in Pfotenweite liegen lassen 😉
Bis zu unserem Aufbruch in rund 29 Tagen noch ausreichend Zeit, um ein paar Eindrücke aus unserer zweiten Auszeit im Röderhaus zu skizzieren:
#Story-Facetten aus unserer Auszeit vom 28. April bis zum 03. Mai 2024
Dienstag | 30. April 2024 | 10.46 Uhr | Marina Port Zélande
Auf den Spuren des letzten Hummerfischers vom Grevelinger Meer | Seehund-Safari mit Marco
Gerne haben wir die Einladung von Marco angenommen, um an Bord eines seiner RIB Boats zu kommen. Nach einer Unterweisung ging es auf den größten Salzwassersee Westeuropas – zugleich das Zuhause des legendären blauen Oosterschelde-Hummers. Wir sind weit davon entfernt, uns als Hummer-Freaks zu bezeichnen. Aber … wenn wir schon die Chance haben, den letzten Hummerfischer aus diesem Refugium persönlich kennenzulernen und das „Gold der Hummerwelt“ zu verkosten, sagen wir nicht Nein.
Das „Nein“ kam allerdings vom Fischer selbst. Das Grevelinger Meer gilt für Wassersportler als Paradies. Für die Menschen, die mit dessen Naturprodukten ihren Lebensunterhalt bestreiten, hält dieses Gewässer eine Fülle an Herausforderungen parat. In diesem Jahr wurden 80 bis 85 % der legendären Austern vom Wurm befallen und getötet … so die Überlieferung.
Nicht besser sei es zurzeit um die Hummer bestellt. Diese befanden sich, wie er sagte, aktuell im Stadium der Häutung, d. h. sie streiften ihren alten Panzer ab. Bis sich der neue Panzer
gebildet und ausgehärtet habe, bildeten sie eine leichte, schmackhafte Beute für die Seehunde – die diese im Vorbeitauchen als kaltes-Buffet bzw. Steaks to go begriffen.
Wir wussten nicht, ob der Hummerfischer seinen Kummer derzeit mit Genever ertränkte, hatten aber Verstännis dafür, dass dieser nicht in der Stimmung war, uns an Bord zu empfangen. Diesen Part der Story werden wir wohl auf die Saison 2025 vertagen müssen.
Marco, der das Grevelinger Meer wie seine Skipperjacke kennt, fährt uns zu einer „Seehund-Lounge“ – dorthin, wo sich die am Hummer Gelabten in der Sonne räkeln und für unsere Kameras posieren. Einer der stattlichsten schien mir sein rechtes Auge zuzukneifen. Beim Zoomen mit dem 200-500er Nikkor-Objektiv schien es eher eine Art Kriegsverletzung zu sein, die ihn zeichnete. Möglicherweise hatte ihm ein genervter Hummer eine Schere in den Augapfel gerammt.
Nach der Besichtigung der Kirche von Brouwershaven fand die Tour ihren Ausklang bei Frikandel und Patat im dortigen Surfzentrum.
Infos zu Marco und seinen Touren findet ihr hier:
Mittwoch | 01. Mai 2024 | Tag der Arbeit | 10.20 Uhr | Röderhaus
CWC (Cappuccino with Clementine)
Beim Betreten des Frühstückraumes zum Spätstück treffen wir auf die Singer/Songwriterin Clementine Volker, mit der Christoph uns beim letzten Besuch
bekannt gemacht hatte … deren spontanes Wohnzimmerkonzert wir genießen durften.
Ihr wisst schon, die Lady, die schon Sting und seine Frau Trudy in Verzückung versetzte hatte – hier ein paar Impressionen von einem Gig von Clementine auf deren Weingut in der Toskana:
Auf der Stoep des Röderhauses teilt Clementine ihren Song „As Je Wist“ (Wenn Du gewusst hättest) mit uns. Inspiriert durch den Song „Fragile“ von Sting, sensibilisiert uns die 43-jährige mit ihrem Gesang dafür, wie zerbrechlich das Leben ist.
Ihrem Nachname volkend (grandioses Wortspiel … oder?) … pochert ihr Herz vornehmlich für Folkmusic – gerne im irischen Stil, aber auch für Country. Wobei Folk der Umbrella sei, der all ihre Musik überspanne. Inspiriert von den einzigartigen Stimmen von Eve Cassidy, David Bowie, Kate Bush, Joan Baez, Leonard Cohen, Joni Mitchell etc. habe sie in der Musik eine Heimat gefunden, die ihr über schwere Zeiten hinweggeholfen habe.
Gestartet im klassischen Ballett zog sie sich im Alter von 20 Jahren einen komplizierten Bruch bei einer Pirouette zu. Ein „happy accident“, wie sie es aus heutiger Sicht bezeichnet – was wir gerne bestätigen … angesichts des Gehörten.
Neben der Freude an der Musik sei es ihr wesentliches Motiv, Menschen zu ermutigen. Und so möchten wir auch euch, liebe Leserinnen und Leser, ermutigen, Clementine und ihre Songs auf euch wirken zu lassen:
Mittwoch | 01. Mai 2024 | Tag der Arbeit | 13.55 Uhr | Kamperland, Jacobahaven 4 | Seafarm Restaurant
Tag der geöffneten Austern … passend zum Tag der Arbeit
Bei einem der gestrigen Absacker-Weinchen auf der Stoep des Röderhauses frischten wir das Thema Austern auf. Was uns Landratten bislang verborgen geblieben war, ist der Umstand, dass die Region Zeeland berühmt für ihr Austernvorkommen sei – wenn sich nicht gerade der Wurm an ihnen laben würde … wie wir von Marco erfahren hatten.
Als Epizentrum der Austernzucht genieße Yerseke einen exzellenten Ruf, weit über die Grenzen Hollands hinaus – u. a. bis zu der Foodbloggerin Felicitas Then.
Selbst wenn ihr mit Austern so wenig an der Mütze hattet wie wir bislang … nach dem nächtlichen Konsum dieser Episode waren wir angefixt und wild entschlossen, den heutigen Tag der Arbeit aufs Notwendigste zu reduzieren … sprich allenfalls ein paar Austern zu knacken und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen.
Viel Spaß beim inspirieren lassen:
https://www.youtube.com/watch?v=4hs41WYD9DM
Die Foodtruckerin – Es gibt Nordsee-Austern!
Angesichts der fortgeschrittenen Zeit und des sich breit machenden Hungers entschieden wir uns spontan für eine Abkürzung auf dem Weg zum Austerngenuss. Wir ersetzten Yerseke im startbereiten Navi durch die näher liegende Seafarm in Kamperland – zumal Christoph uns begleiten wollte, der dort jemand kenne, der uns vielleicht Backstage-Impressionen der dortigen Heilbutt-Zucht gewähren könne. Wie passend … vor dem Hintergrund unserer Plattfisch-Story „Hochkant versus Querkant“ Ausgabe Juni 2024.
Der erste Eindruck zur Seafarm: Nette Menschen, cooles Ambiente. Umgeben von Hummerbassins und Austernbecken war es relativ leicht, den Start in unser Feiertags-Menü zu wählen. Ein Crossborder-Austerntasting sollte es sein – bestehend aus: sechs verschiedenen Austern … drei Sorten aus Zeeland … im Duell am Gaumen gegen eine französische, eine portugiesische und eine irische Austernart.
And the winner was: Mit deutlichem Vorsprung … die irische Felsenauster aus der Gegend um den Connemara-Nationalpark – so Christophs und mein Vote.
Kirsten enthielt sich der Stimme wegen Nicht-schlürfen-Wollens und erfreute sich an ihrem Thunfisch-Tatar.
Zurück zur Sieger-Oyster: etwas festeres Fleisch, mit einem nussig … leicht süßlichem Geschmack. Ich bin angefixt … wie konnte ich die zurückliegenden Jahrzehnte ohne diese besondere
Köstlichkeit überleben? Beim dazu ausgewählten Prickelwasser in Form eines „Brut von Zélande“ konnten wir drei an dem Spruch „Schuster, bleib bei deinen Leisten“ nicht vorbeidenken.
Austern können se, die Zeeländer … aber … Champagner gehört zweifellos nicht zur Kernkompetenz dieser Region – selbst wenn diese Domäne der ehemaligen Bürgermeisterin von Goedereede zuzurechnen ist.
Farbe, Geruch und Nase erinnerten eher an ein Pröbchen, das man gelegentlich im Rahmen eines Komplett-Checks beim Hausarzt abgeben muss. Man kann sich an vielem versuchen … man muss es aber nicht.
Es wird wohl seinen Grund haben, warum die alten Römer die ersten Weinreben in der Champagne angepflanzt haben und nicht an der niederländischen Nordseeküste – kamen wir überein.
Apropos Römer … das passende Stichwort für Christoph, der zu erzählen wusste, dass schon die alten Römer Unmengen von Austern konsumiert haben sollen. Die geleerten Schalen wurden außerhalb der Stadt zu riesigen Hügeln gehortet.
Möglicherweise bestehen sogar alle sieben Hügel, auf denen Rom im Jahre 753 vor Christus erbaut wurde, größtenteils aus Austernschalen. Ich weiß gerade nicht, ob mich Christophs kühne Behauptung oder meine Fantasie diesen Zeilen schreiben lässt 😉 Der allseits bekannte Spruch „Rom wurde auch nicht an einem Tag gebaut“ jedoch … könnte diese These untermauern 😉
Mitten in diese illustre Diskussion gesellt sich Dave Bout zu uns – der Juniorchef des kleinen Seafarm-Imperiums, den Christoph von irgendwelchen Events kennt. Und so kamen wir in den Genuss einer exklusiven Führung in den Backstage-Bereich – bis auf Paula. Die bekam ein Warte-Wässerchen gereicht und fühlte sich mächtig stolz in ihrem Seefarm-Leibchen.
Wir hingegen hängten uns an die Fersen und Lippen von Dave nachtragen.
Wahrgenommen haben wir: Körbe mit dem legendären blauen Hummer – allesamt mit Panzer. Zweifel am Wahrheitsgehalt der Story um den letzten Hummerfischer vom Grevelinger Meer kommen auf. Ich denke, dass auch er sich in den Untergrund zu den anderen Agenten und mystischen Figuren begeben haben könnte.
Riesige Becken mit Austernkörben aus Zeeland und weiteren berühmten Regionen des europäischen Kontinents werden dort zwischengelagert. Der Grund ist, dass die Meeresfrüchte im Rahmen ihrer Selbstreinigung Sand ausscheiden und das moderat gesalzene Bassin-Wasser das Meerwasser ausspült – was den natürlichen Geschmack der Auster deutlicher hervorhebt.
Wir sehen Vongole, Pfahlmuscheln und extrem kleine Muschelsorten, die wir von der Küste der Camargue kannten … in loser Schüttung. Was für ein Schlaraffenland für Muschelaner – wie uns.
Was rede … was schreibe ich? Ich schneide einfach ein kleines Video zusammen, das ihr auf unserem YouTube-Kanal abrufen könn. Darin findet ihr auch ein paar Impressionen einer mehrstöckigen Plattfisch-Aufzuchtanlage. Spannend … und möglicherweise authentischer als eine Champagner-Imitierungs-Kultur 😉
Zum Hauptgang gab es … die zuvor bewunderten Pfahlmuscheln für Christoph, Spaghetti Vongole für Kirsten … und für mich einen ordentlichen Backfisch. Alles extrem lecker und den Besuch wert: https://www.seafarm.nl/
Donnerstag | 02. Mail 2024 | Sößchen zum Seeadler | Wasabi zum Sushi
Beim Frühstück im Röderhaus berichtete Christoph von einer Vogelstation in der Nähe von Stellendam. Möglicherweise erkannte er an meiner gemäßigten Euphorie für diese weitere Exkursion, dass er noch etwas nachlegen müsse – rein storytechnisch gesehen. Also … er habe einen Bekannten (einen von gefühlt 23.598 Menschen aus seinem Netzwerk) … der habe ihm glaubhaft versichert, dass es in dieser Gegend einen Adlerhorst geben soll – einen Seeadler-Horst, um genau zu sein.
Ich bin mir bei meinem Freund manchmal nicht sicher, ob er im gleichen Aszendenten wie Baron von Münchhausen das Licht der Welt erblickt haben könnte oder ob einfach die Fantasie mit ihm durchgeht.
Aber … bislang lag ich mit beiden Annahmen immer daneben. Die einsamen Wintertage im Röderhaus scheinen der ideale Nährboden für meinen wissensdurstigen und storyhungrigen Freund zu sein, sein Geschichten-Reservoir mit neuen Impulsen aus Büchern, Magazinen und der allumspannenden Bibliothek des weltweiten Netzes zu aufzuladen.
Und so machten wir uns mit ihm auf den Patt, wie man hier so sagt, um die Seeadler zu sichten – und nein …. definitiv nicht, um deren Verzehrbarkeit und das ideale Sößchen dazu zu durchdenken. Ich habe größten Respekt und eine Faszination für alle Greifvögel – die fliegenden, meine ich 😉
Im seltsamen Gebilde dieser Vogelstation brachte ich meine Nikon mit dem Ofenrohr-Objektiv in den Anschlag. Jede Menge Möwen … und … möglicherweise als Möwen verkleidete Jung-Seeadler – aber keine ausgewachsenen Prachtexemplare mit einer Spannweite von 2,40 Meter. Auch kein Horst in Sicht … zumindest nicht im eigentlichen Sinne. Schon möglich, dass in einem der an uns vorbeischlendernden Touri-Sandalen ein solcher gesteckt haben könnte 😉
Genug getouriert …. Nahrungsaufnahme stand an. Nach einem kleinen Shooting-Abstecher in den Hafen von Stellendam ging es zum Essenfassen in die dortige Marina. Klar, dass Christoph den Außenkellner kannte … was auch gut war, denn so bekamen wir einen Nachschlag vom unverschämt leckersten Wasabi-Gedöns, das Kirsten und ich bislang am Gaumen hatten.
Schreibunterbrechung: Kein Buchstabe wird mehr gedrückt, bis ich diesen kulinarischen Catch of the day habe auftreiben und ordern können.
Acht Minuten später: Done! 500 Gramm werden zu uns auf den Weg gebracht. Eine weitere Zutat, die wir dauerhaft in unser Must-have-Kulinarik-Board aufnehmen. Utensilien, bei denen uns unwohl wird, wenn wir nicht auf sie zurückgreifen können, falls wir spontan Gäste bekommen … oder Heißhunger auf „kleine Schweinereien“ jenseits von Erasco & Co verspüren 😉
Wir haben erstaunlich gut dort lunchen dürfen… und zwar: Haut von der Peking-Ente mit kleinen Pfannkuchen und Hoisin-Soße. Zwei mega-stattliche
Austern, deren Schalen wir eingepackt haben, um zukünftig das Wasabi-Gedöns daraus zu servieren – zum Beispiel zum Sushi, was heute für Kirsten und
Christoph erste Wahl war. Zu alledem gab es einen Viognier aus Frankreich und einen Blick auf den Hafen. Wir geloben ein Wiederkommen, liebes Team vom Basta:
Apropos Wiederkommen … das gelobten wir auch unserem Freund Christoph und Mutter Christel – beide die Sonne im Herzen tragend.
Ein Wiederkommen geloben wir auch euch, liebe Leserinnen und Leser … um mit euch die Erlebnisse unserer dritten Workation in Goedereede zu teilen.
Seht uns diesen kleinen Etikettenschwindel bei der Einleitung zu diesem Artikel nach. Aber … beim Schreiben dieses Kapitels ploppten so viele schöne Facetten und Storyhäppchen auf, die wir euch nicht vorenthalten wollten.
Also … Goedereede Part IV will be coming