Mo.-Fr., 8 – 17 Uhr

Bochel – ein farbenfroher Wochenausklang

Apr 27, 2023 | Kulinarik

Interkultureller Team-Lunch

Freitag, 24. März 2023, 09:30 Uhr – Morgengedanken beim Cappuccino im Nest

Das Wochenende steht bevor. Heute Mittag haben wir zum Team-Lunch eingeladen. Zu einem „Borrel“, wie unsere iederländischen Nachbarn das Ritual bezeichnen, die Woche ausklingen zu lassen. Gerne bei traditionellen Bitterballen und sonstigen mit der Fritteuse veredelten Nettigkeiten. 

Ein schönes Business-Brauchtum, welches wir vor ein paar Wochen adaptiert haben. Als Bocholter Bürger sei uns die Neuschöpfung „Bochel“ verziehen.
Eine gemeinsame Reflektion in die zurückliegende Woche, ein Ausblick auf das, was vor uns liegt und zwischen uns ein gedeckter Tisch. Bitterballen finden wir toll, aber ein bisschen Abwechslung kann nicht schaden. So waren es in den zurückliegenden „Bochels“ vornehmlich Pasta-Gerichte, die in der Mitte unserer Tafel landeten.
Bevor wir einen Preis für Einfältigkeit verliehen bekommen, soll es heute etwas anderes geben. Zumal ich einen Teil meiner hinzu gewonnenen Freizeit-Potenziale für die Entwicklung eines eigenen Cooking-Style’s nutzen werde (wir werden berichten).

Die letzte Woche habe ich unter anderem dazu genutzt, unseren nicht gerade kleinen French-Door-Kühlschrank zu „entkernen.“ Mit Kirsten gemeinsam habe ich eine neue, noch bewusstere Ära der Vorratshaltung eingeläutet. Unsere Liste mit dem Namen „Wenn diese Dinge fehlen, wird’s uns mulmig“ nimmt immer konkretere Formen an. Als leidenschaftliche Gastgeber und Selbst-Gerne-Futterer wollen wir jederzeit auf  einfache, schöne Dinge zurückgreifen können, um daraus etwas kulinarisch
Kreatives zu zaubern.

Meine Frau will mich dabei beobachtet haben, dass ich vor dem Kühlschrank stand … beide Türen weit geöffnet … und dreingeschaut habe, als würde ich gerade „Ein gutes Jahr“ auf unserem Flatscreen schauen. Womöglich hat sie Recht. Dieses Bild aus frischen Zutaten, Saucenansätzen, selbstgebauten Dips, Gläsern mit eingelegten Oliven, Käse, Salami … dazwischen die Reste von den Gerichten der letzten Tage … Ein herrliches Buffet für die Sinne und die Motivation, daraus etwas zu kreieren. Bekanntes und gerne auch Unbekanntes, Neues …  

Mit diesem Bild im Kopf drehe ich eine Runde mit unserer Fellnase Paula. Durch das Kubaai-Gelände geht’s die Aa entlang zu einem Zwischencappuccino bei
„Imping – Das Café.“ Inspiriert durch den Besuch eines Multi-Kulti-Restaurants am letzten Wochenende nach der Pro-Wein in Düsseldorf, puzzeln sich arabische und indische Gerüche in meinem Kopf zusammen. 

Aufgeladen mit dieser Erinnerung betrete ich das „Mergimi“ auf der Osterstraße 39 in Bocholt. Während Paula sich entspannt vor dem Geschäft ablegt und auf meine Rückkehr wartet, wandern beim Schlendern folgende Artikel in meinen Einkaufswagen:  

Mini-Zucchini | Baby-Auberginen | glatte Petersilie | frische Minze | türkischer Joghurt | Zitronen | rote Zwiebeln | dünnes Fladenbrot | Couscous | roter Chili | Gläser mit Kalamata-Oliven | Konserven mit weißen Bohnen | milder Kuhmilchkäse in Salzlake und ein Glas Ljutenica. 

Bei letzterem handelt es sich um meine persönliche Neuentdeckung. Eine Paste aus gerösteten roten Paprika, Tomaten, Knoblauch, Chilischoten etc. – ähnlich dem Ajvar, was ihr vielleicht kennt. Jedoch etwas sämiger, gröber und schärfer. Also eher etwas für die Spicy-Food-Junkies unter euch.  

An der Kasse verstaue ich mit einem guten Gefühl den Bon in meiner Geldbörse. Reichlich schöne Zutaten, für angemessenes Geld. Gedanken, die seltener werden in der letzten Zeit. Paula scheint die Wartezeit mit Posen überbrückt zu haben. Ein paar Kiddy’s umlagern sie. Keines scheint Leckerlies parat zu haben, weswegen ihre Aufmerksamkeit zu den Tüten in meiner Hand wandert. 

Ähnlich erwartungsfroh mustert mich Kirsten, als ich tüten-tragend kurz im Verlag vorbeischaue. Mimik und fortgeschrittene Zeit verraten mir, dass mir wenig Zeit für die Zubereitung bleibt. 

In die Pfanne wandern klein geschnittene rote Zwiebeln. Dazu frisches Hackfleisch. Nach dem Anbraten erfolgt das Würzen mit natürlichem Salz und gemörstem Pfeffer. Ein ordentlicher Schuss Ahorn-Sirup für die Süße, eine gute Prise Goa-Curry für die Schärfe und die orientalische Note. Den Joghurt schlage ich mit frischer Minze, einem Spritzer Zitrone und etwas Meersalz auf. Die weißen Bohnen machen es sich in der scharfen Paprika-Salsa gemütlich.Den milden Kuhmilchkäse peppe ich mit einer Marinade aus Olivenöl, Gyros-Gewürz, grünem Pfeffer und Rosé Beeren auf.  

In einer weiteren Pfanne bräunen fein geschnittene Paprika-Würfel und weiße Zwiebeln, bevor ich eine große Tasse Couscous dazu gebe. Nach und nach fließt Gemüse-Brühe in die Pfanne und quellt den Gries auf die richtige Konsistenz. Erbsensprossen angelegt, die ich im Vorbeimarsch auf dem Bocholter Wochenmarkt ergattert habe. 

Nach insgesamt 30 Minuten Blitz-Cooking folgt ein Anruf nach unten in die Agentur: „Miracoli“ (das Essen-ist-fertig-Signal aus der Werbung der 80ziger). Mehr braucht es nicht, um die hungrige Meute in Gang zu setzen. 

Freitag, 24. März 2023, 12:36 Uhr – Lunch Time in der Private-Kitchen-Suite

Mittlerweile schiebe auch ich einen mittelschweren Hunger-Ast. Das waren noch Zeiten, als wir uns an den Tisch setzen und sofort zuschlagen konnten. Ich sehe mindestens drei gezückte Smartphones bei den Ladies und Kirsten mit der Fuji. Alle wuseln um die Tafel, um die richtigen Impressionen für Instagram, Facebook und den PAN einzufangen. Während alle anderen mit Reels und Stories beschäftigt sind, gieße ich mir Abseits des Treibens einen Schluck Küchenwein ein – einen von der günstigen Sorte, mit dem ich den Couscous
abgelöscht habe. 

Das Geräusch eines flaschenverlassenden Korkens lockt mich wieder an die Tafel. Meine Frau hatte spontan das niederländische Ritual, mit den Aromen der indischen, arabischen, kroatischen und griechischen Küche um eine deutsche Komponente bereichert. Einen Riesling aus dem Rheingau – für’s stimmige Bild, wie sie betonte. Übersehend, dass es sich um einen legendären 2000er Jahrgang gehandelt hat. Was soll’s … schließlich hatte ich ja beim Einkauf einiges gespart. 🙂

Es gab ja etwas zu feiern: Die zurückliegende Woche, den Moment mit unserem Team und das bevorstehende Wochenende.

Euer PAN-Kitchen-Team

Text: Roland Buß // Fotos: Kirsten Buß