In der Veterinärmedizin nimmt die Tierzahnheilkunde einen immer größeren Stellenwert ein. Zu einer vollständigen Vorsorgeuntersuchung gehört auch stets der Blick ins Maul. Hier wird im Gegensatz zur Humanmedizin allerdings nur in wenigen Fällen Karies entdeckt. Viel mehr leiden Hund und Katze neben Zahnsteinbildung und entzündlichen Prozessen des Zahnhalteapparates oft an Frakturen im Zahnbereich, denn das Gebiss unserer Vierbeiner ist allerlei Gefahren ausgesetzt.
Katzen erleiden Zahnfrakturen häufig im Rahmen von Autounfällen sowie Stürzen aus dem Fenster oder vom Baum. Im Gegensatz dazu ereilen Hunde Verletzungen dieser Art eher beim Spiel, Spaß und Sport. Der beste Freund des Menschen malträtiert seine Beißer sogar freiwillig mit zum Teil sehr interessanten Spielleidenschaften. So entstehen Vorlieben für zahnschädigende Materialien, wie Holz oder gar Steine, die mit Stolz umhergetragen werden. Die ungeahnten Kräfte beim Zerkauen von solch harten „Spielzeugen“ führen in vielen Fällen zum Abbrechen von Zahnschmelz oder sogar ganzer Stücke der Zahnkrone. Materialverluste am Zahn sind echte Wunden. Fehlt der Zahnschmelz, der im Kronenbereich den Zahn überzieht, liegen die Röhrchen des Zahnbeins frei. Die Zähne reagieren empfindlich auf Hitze- und Kältereize. Körpereigene Schutzmechanismen versuchen zwar den Zahn von innen zu versiegeln, dies gelingt aber nur, wenn im Rahmen des Traumas der Zahnnerv nicht in Mitleidenschaft gezogen wurde. Bei einer Freilegung des Innenlebens stirbt der Nerv ab. Somit entsteht ein offener Kanal von der Maulhöhle bis in den Wurzelbereich, durch den Futterreste und Bakterien eindringen können. Daraus entstehen im Laufe der Zeit Wurzelspitzenentzündungen, die bekanntlich sehr schmerzhaft sein können. Was ist also im Falle einer Zahnfraktur zu tun? Bei einem Verdacht auf ein Trauma im Maul sollte unbedingt eine Tierärztin oder ein Tierarzt konsultiert werden. In der Praxis wird entschieden, wie der abgebrochene Zahn zu behandeln ist. Je schneller der Patient vorgestellt wird, desto günstiger ist die Prognose bezüglich der Erhaltung eines vitalen Zahnes, denn in den ersten Tagen nach einer Zahnfraktur kann in günstigen Fällen eine einfache Füllung gefertigt werden. Ist der Zahnnerv entzündet oder bereits abgestorben, sollte bei erhaltenswerten Zähnen im Fang- und Reißzahnbereich eine Wurzelkanalbehandlung durchgeführt werden. In manchen Fällen wird sogar eine Überkronung angestrebt. Allerdings müssen hierzu gleich mehrere Sitzungen unter Narkose in Kauf genommen werden. Unerlässlich für jede Therapieplanung ist eine dentale Röntgenaufnahme des betroffenen Zahnes. Nur so können Entzündungsprozesse oder Frakturen im Wurzelbereich entdeckt werden. Häufig kann aufgrund einer Infektion oder bei sogenannten komplizierten Frakturen der Zahn nicht einfach erhalten werden, so dass es besser ist, den Zahn zu ziehen. In der Regel muss das Tier dann mit einer Zahnlücke leben. Erste Versuche bei Hunden haben die Möglichkeit einer Implantatanfertigung in speziell ausgestatteten Tierzahnzentren gezeigt. Zum einen stecken diese Ansätze aber noch in den Kinderschuhen und zum anderen wird diese Methodik noch kontrovers diskutiert, da ein sehr hoher finanzieller Aufwand mit dem Einsetzen eines Implantats einhergeht. Ihr Vierbeiner wird sicher lieber mit der Zahnlücke leben als sich einer langwierigen Zahnbehandlung zu unterziehen. Schließlich haben Bello und Miezi ja einen freundlichen „Dosenöffner“ und müssen sich ihr Futter nicht selbst erjagen. Folgendes möchte ich zum Schluss betonen: Das A und O einer kompetenten Zahnbehandlung sollte unbedingt die Schmerzfreiheit des vierbeinigen Patienten zum Ziel haben. Und dies schließt ein Nichtstun aus. Dentale Röntgenaufnahmen helfen in der auf Zahnheilkunde spezialisierten Praxis, die Zahngesundheit besser zu beurteilen, da auch Prozesse im Wurzelbereich sichtbar gemacht werden können.
Ihnen wünsche ich einen schönen Hochsommer – natürlich ohne Zahnschmerzen. In meinem nächsten Artikel schreibe ich über das Thema Bluthochdruck bei der Katze.
Ihre Dr. Simone Möllenbeck
Dr. Simone Möllenbeck
Zusatzbezeichnung Zahnheilkunde
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