Interview: Roland Buß & Fotos: Kirsten Buss
Was das Unternehmen Grunewald mit den legendären Gehry-Bauten, Tesla, Airbus, Mercedes-Benz etc. zu tun hat – und warum man dort keine Modellflugzeuge kaufen kann
Geht es euch bisweilen auch so, dass euch ein Unternehmen wie eine vertraute Konstante in unserem Stadtbild vorkommt, ohne zu wissen, was hinter seinen Türen abgeht — womit sich die Menschen dort eigentlich beschäftigen?
Grunewald kannten wir bislang nur aus der Vorbeifahrt am Firmengebäude und vom Hörensagen. Angekommen war bei mir bislang: „Die machen Modellbau.“
Mein mäßig ausgeprägtes technisches Verständnis hatte dafür nur eine einzige Denkschublade eingerichtet — die Welt von Revell, Faller, Märklin und Co.
Aber wieso braucht man für die Fertigung realgetreuer Miniaturausgaben von Schiffen, Flugzeugen, Eisenbahnen, Autos … ein so futuristisch anmutendes Bauwerk?
Zum Unternehmen gehört auch eine ausgelagerte Gießerei, die von unserem Freund Harald geleitet wird. Der hatte mir schon einige Male versucht zu erklären, was sein täglich Brot ist, so viel zum Hörensagen. Klassischer Fall von „tauglicher Versuch am untauglichen Objekt“ — würde ich
sagen. Technische Erläuterungen finden in meinen Synapsen einfach keinen Halt. Eine eher suboptimale Voraussetzung dafür, wenn man übereingekommen ist, ein Advertorial über dieses Unternehmen zu schreiben. So die Absprache mit Ulrich Grunewald, einem der beiden
Geschäftsführer, und Annika Deibel, u. a. zuständig fürs Marketing.
Donnerstag | 17. August 2023 | 10.00 Uhr
Bocholt | Biemenhorster Weg 19 |
Grunewald GmbH & Co. KG | Werk I
Wir, d.h. Kirsten und ich, haben uns für ein Vorgespräch auf den Weg gemacht. Eine freundliche Mitarbeiterin heißt uns willkommen, ebenso wie ein Monitor im Foyer, der uns als Gäste ankündigt. Mein Blick bleibt an einem Rose Bike hängen, was dort ausgestellt ist — ein X-LITE 06 Ultegra, wie das nebenstehende Schild verrät.
In dem Moment begrüßt uns Ulrich Grunewald. Man kennt sich vom Sehen und Grüßen. Auf jeden Fall ausreichend, um ins Business-Du einzutauchen … begleitet vom: „gerne Uli, so nennen mich alle“.
Okay, Uli … ist das ein Job-Rad von Rose, oder was hat es damit auf sich?
Das hat Thorsten Heckrath-Rose uns als Ausstellungsstück zur Verfügung gestellt. Das beruht auf einer Kooperation mit einem anderen „Bocholter Jung“ — dem Matthias Meier. Der ist Vertriebsleiter bei DT Swiss, einem Hersteller von Fahrradkomponenten. Der war auf Heimaturlaub in Bocholt, ich glaube sogar zur Kirmes, und hat meinen Bruder Philipp getroffen. Dessen Unternehmen war auf der Suche nach einer technischen Lösung zur Herstellung hochwertiger Carbon-Felgen. Die kosten leicht mal 500 bis 2.500 Euro. So Radfahrer haben das nicht sonderlich gerne, wenn bei hoher Geschwindigkeit eine solche Felge reißt.
Im Ergebnis haben wir bislang 60 Werkzeuge für verschiedene Carbon-Felgen für DT Swiss entwickelt und gefertigt, damit sie die in hoher Qualität produzieren und zum Beispiel an Rose Bikes liefern könnten.
Apropos Bocholter Jung … wir haben vor einiger Zeit eine Story mit den Zwillingen von MeierSchultz veröffentlicht … da schwebt mir auch eine Verbindung zu euch vor …
Das ist richtig, Thomas Meier ist regelmäßig hier, wenn es um sensible Schweißtechniken geht — zum Beispiel bei Prozessen, wo wenig Wärme entstehen darf. Thomas ist ein absoluter Spezialist auf dem Gebiet des Schweißens.
Mittlerweile sind wir im Meetingraum angekommen, wo wir uns zum Kaffee niederlassen. Der Versuch, mich für mein Modellbau-Schubladendenken zu entschuldigen, angesichts der Felgen-Story, findet in Uli keinen Abnehmer.
Zu groß sei die Schar der Ahnungslosen, die gedanklich ähnlich unterwegs sind wie ich. Anrufe von etwas verschrobenen Modellbaufreaks, die im heimischen Keller Miniatur-Panzer mit dem Heißkleber zusammenklöppeln, seien nicht selten 😉
Uli hat in Aachen Maschinenbau studiert. Der Einstieg ins Familienunternehmen als geschäftsführender Gesellschafter erfolgte im Jahre 2004. Die Wurzeln des Unternehmens reichen zurück bis in das Jahr 1963 — ein hervorragender Jahrgang, um Unternehmen zu gründen und nette
Menschen zu gebären – aber ich bin etwas befangen 😉
Herzlichen Glückwunsch zum Firmenjubiläum, lieber Uli.
Danke. Mein Vater Christian ist gerade damit beschäftigt, Daten und Storys unserer 60-jährigen Chronik zusammenzutragen.
Auf eurer Webseite habe ich ein paar Fakten zur Historie gefunden … https://www.grunewald.de/unternehmen/historie/
Was macht euer Unternehmen heute aus. Wie kann man das für mich verständlich beschreiben?
Wir sind mittlerweile weder das klassische Modellbau-Unternehmen noch fokussierte Werkzeugmacher noch eine „normale“ Gießerei …
Wir bezeichnen uns gerne als Lösungsentwickler/Innovatoren, wohl wissend, dass wir den passenden Begriff noch nicht gefunden haben. Wir dürften uns auch als Maschinenbauer bezeichnen — fokussiert auf Sondermaschinen. Wir entwickeln uns weiter im Bereich der 3-D-Druck-Technologie. Es ist so viel im Wandel, dass es echt schwerfällt, das passende Wording dafür zu finden.
Was haltet ihr von einer Tatortbesichtigung — einem Rundgang durch eure Hallen mit Walking-Interview und Backstage-Fotos, um unseren analogitalen Leserinnen und Lesern ein genaues Bild zu zeichnen, für was ihr steht?
Klingt gut.
Wir legen die Kalender nebeneinander und vereinbaren ein Wiedersehen mit Uli und Annika, an gleicher Stelle, für Mitte
November 2023.
Fotoshooting mit Überraschungen
Montag | 13. November 2023 | 11.00 Uhr
Bocholt | Münsterstraße 12 | Meetingraum MÜ12 Verlag
Viele von euch wissen, dass Kirsten (meine Frau) gelernte Fotografin ist und den Großteil der Impressionen im PAN mit den Linsen unserer Kameras einfängt. Schwer vorstellbar, dass sich ihr Fokus eine Zeit lang vornehmlich auf modische Details, wie Reißverschlüsse, Knöpfe und sonstige Accessoires, beschränkte.
Im zurückliegenden Jahrzehnt wuchs die Passion für People-Fotografie, oftmals begleitet von einem spontanen: „Den möchte ich mal fotografieren“ — wobei das gerne
auch Damen sein dürfen. Hauptsache, apart, freakig-interessant, ehrwürdig-faltig, Tattoo-übersäht … also irgendwie besonders.
Und so begab es sich am 20. Oktober 2023, auf der abendlichen Feierstunde zum 10-jährigen Jubiläum der Bocholter Bürgergenossenschaft eG, dass uns Christian Grunewald (der Vater von Ulrich, unserem Interviewpartner) gegenüberstand.
Kirstens taxierende Blicke ließen mich ahnen, was kommt:
Kirsten: Sie würde ich gerne mal fotografieren.
Christian Grunewald: Warum?
Weil sie ein Typ sind.
Es dauerte ein wenig, bis sich das Best-Age-Model in spe für Kirstens Ansinnen erwärmen konnte. Restzweifel wurden ausgeräumt, als deutlich wurde, dass Christian Grunewald sich in der Bocholter Bürgergenossenschaft eG engagierte und wir gerade dabei waren, eine Fotostaffel in diesem Zusammenhang zu schießen. Die Ablichtung seines Konterfeis war dafür vonnöten und somit beschlossene Sache — zumindest aus Sicht meiner Frau 😉 Danach ein kurzes Telefonat mit dem Model, und die Gattin frohlockte aufgrund seiner Bereitschaft, sich ablichten zu lassen.
Pünktlich zum Shooting erschien Christian Grunewald am besagten Montag in unserem Verlag. Während Kirsten den Begrüßungs-Cappuccino braute, nahm Herr Grunewald in unserem Meetingraum Platz. Seine Frage: „Wieso hängt unser Denkmal bei Ihnen?“ ließ meine Augen seiner
Blickrichtung folgen.
Wenn ihr schon mal in Düsseldorf im Bereich des Medienhafens wart, kennt ihr sicherlich die drei imposanten, unsymmetrischen Gebäude am Rhein, in der Nähe des Fernsehturms und des WDR. Davon hängen vier Impressionen an unserer Fensterwand, allesamt von Kirsten für ein Fotoprojekt einer Düsseldorfer Kanzlei eingefangen.
Die sogenannten Gehry-Bauten — benannt nach ihrem weltberühmten US-amerikanischen Architekten und Designer Frank Owen Gehry — wurden 1999 fertiggestellt und prägen seither das Stadtbild der
Landeshauptstadt.
Die Gehry-Bauten … was haben Sie damit zu tun?
Wir haben die Formen gefräst, für die Gießformen aus Styropor für die Betonteile des mittleren Gebäudes. Insgesamt 5.500 Kubikmeter Styropor waren dafür notwendig – unsere Hallen waren monatelang in weißen Styro-Schnee gehüllt.
Wow. Respekt. Wäre interessant zu wissen, wie vielen Bocholtern diese Story bekannt ist! Wie kommt man an einen solchen Auftrag?
Über das Unternehmen Philipp Holzmann. Die hatten seinerzeit keine Ahnung, wie man das umsetzen könnte. Dann kamen wir ins Spiel. Der Adlatus von Frank Gehry hat uns in Bocholt besucht und sich unseren Betrieb und unsere Weise zu arbeiten angesehen. Sein Fazit: „Die können das.“
Woran machte er das fest?
An unserer Präzision beim Fräsen, die wir über Jahre entwickelt hatten. Wir sind in der Lage, bis zu einem Zehntel Millimeter
genau zu fräsen. So genau haben die bislang noch nie ihre Entwürfe umsetzen können, die konnten ihr Glück kaum fassen.
Über wie viele Teile sprechen wir?
In der Summe waren es ca. 600 Teile. Jedes von denen war ca. 4,50 x 4,50 Meter groß. Diese mussten wir wiederum in zwei bis drei Stücke unterteilen, weil ansonsten jedes Mal ein Sondertransport fällig gewesen wäre. Vor Ort wurde dann alles wie ein großes Puzzle wieder zusammengefügt. Für die Auftraggeberseite war das spannender als für uns. Die freuten sich über jedes neue Teil, was passte — was für uns selbstverständlich war, aufgrund der Expertise, die wir uns erarbeitet hatten.
Lassen Sie uns über Frank Gehry sprechen — den bedeutenden Architekten, der weltweit für seine unkonventionellen Entwürfe von Gebäuden, Museen etc. bekannt ist. Hatten Sie persönlich Kontakt mit ihm?
Ich habe das Projekt über ein Dreivierteljahr betreut. In dem Zusammenhang war ich auch in seinem Büro in New York.
Wie dürfen wir uns ihn und sein Umfeld vorstellen?
Wahrscheinlich so, wie ich es seinerzeit erwartet … und nicht angetroffen habe 😉 Ich hatte mich auf ein klassisches, cleanes Großraum-Office eingestellt, mit jeder Menge Menschen an Bildschirmen hockend.
Und die Realität war …?
Ich habe gedacht, ich sei in einer Schreinerei gelandet. Ganz viel Holz … sicht- und riechbar. Ich erinnere mich an einen Langhobel auf einem großen Kiefernbrett. Aus den großflächigen Hobelspänen hatte Frank Gehry Geometrie geformt und verleimt, die man eigentlich gar nicht herstellen kann. Auf diese Weise hat er Gebäude und Museen entwickelt, wie zum Beispiel das Guggenheim-Museum in Bilbao.
Das ist mir in Erinnerung, er wird als
organischer Architekt bezeichnet. Wie war er im persönlichen Kontakt?
Er war quasi immer weg, d. h. gedanklich
immer wieder woanders, weiter weg
unterwegs in seinen Projekten. Auf einmal waren wir thematisch bei dreidimensional
geformtem Sicherheitsglas unterwegs. Wir haben dann einen Glasbieger aus Mecklenburg-Vorpommern ausfindig gemacht, der das konnte.
Ihr größtes Learning in diesem Zusammenhang?
Man muss sich einfach trauen. Aber das war von Anfang an unsere DNA — mutig sein und ausprobieren.
Was für ein schönes Gespräch. Unaufgeregt, uneingebildet … und trotzdem verrät das Funkeln in seinen Augen, welche Faszination solche Herausforderungen für ihn bedeuten. Und was für eine tolle Story — eines Bocholter Unternehmens.
Hättet ihr das gewusst? … denke ich, während Christian Grunewald von Kirsten ins rechte Licht gesetzt wird, im Fotostudio. Apropos rechtes Licht … die nächtlichen Impressionen der Gehry-Bauten, von der Rheinseite geschossen, haben wir während einer Streetphoto-Session im Jahre 2020 geschossen. Ein Corona-bedingter Lagerkoller hatte uns an diesen Ort geführt. Fasziniert von den Bauten, nicht wissend, wer diese atemberaubende Fassade mitgestaltet hat, wurden wir nicht müde, die Auslöser der Kameras zu betätigen.
Mit Respekt vor Frank Gehry, dem Erdenker … wenn ihr ein Gefühl für diesen mittlerweile 94-jährigen Menschen und sein Schaffen bekommen wollt … googelt gerne seinen Namen und klickt auf die Bildersuche. Zudem bietet YouTube eine Fülle von interessanten Videos. In dem hier ausgewählten wird deutlich, was Christian Grunewald in New York so fasziniert haben könnte.
Looking back at Frank Gehry’s building-bending feats: https://www.youtube.com/watch?v=Gt1_BgCN6lU
Exkurs: Es ist Sonntagmorgen. Ich sitze in meiner Kemenate 😉 … die Podcast-Hörer von Lanz & Precht wissen, was gemeint ist. Ich bin allein im Verlag … und das ist gut so. Für das, was ich nun niederschreibe, brauche ich absolute Ruhe. Gestern Abend habe ich das Grunewald-Notizbuch auf
meinem iPad noch mal durchblättert. Skizzen … durchmischt mit Notiz-Fotos … belegen, dass sehr viel Technik wartet, lesegeschmeidig niedergeschrieben zu werden. Auf gehts.
Annika Deibel
Uli Grunewald
Dienstag | 14. November 2023 | 10.00 Uhr
Bocholt | Biemenhorster Weg 19 | Grunewald GmbH & Co. KG | Werk I
Annika und Uli empfangen uns im mittlerweile vertrauten Meetingraum. Wir reflektieren das gestrige Fotoshooting mit Christian Grunewald. Uli führt uns zu einem ca. 40 Zentimeter hohen Modell der Gehry-Bauten in seinem Büro — mittels eines 3-D-Druckers erstellt. Grau, plastisch … nicht verratend, welche Dimension die Bauten in der Realität ausmachen und welche Leistung dahintersteckt. Ein erster Hinweis darauf, dass wir beim bevorstehenden Rundgang immer auch das Endprodukt mitdenken müssen.
Notiz an Kirsten und mich: Wir sollten uns mit einem unserer Fotos der Gehry-Bauten bei der Family Grunewald & ihrem Team bedanken, für die Einblicke und das Vertrauen. Denn vieles, was wir sehen werden, unterliegt der Geheimhaltung. Mit vielen seiner Partner hat das Unternehmen
Grunewald eine sogenannte NDA (Abkürzung für „non-disclosure agreement“) abschließen dürfen (müssen) — eine Vertraulichkeits-/Verschwiegenheitsver- einbarung. Nur ungern lassen sich Mercedes-Benz, Tesla, Airbus und Co. in die Karten schauen, wenn es um ihre jüngsten Entwicklungen und Projekte geht — wie wir aus dem Vorgespräch wissen.
Bevor wir starten, Uli, wie erklären wir den Leserinnen und Lesern die Story zu der außergewöhnlichen Fassade hier am Standort von Werk I?
Zur Jahrtausendwende planten wir, eine neue Halle zu bauen, auf einer Fläche, die vorher ein Acker war. Einer unserer größten Kunden war seinerzeit das Unternehmen Airbus.
Das war seinerzeit eine echte Win-Win-Kooperation mit einem Team von Studenten der Uni Chemnitz. Wir hatten sie seinerzeit bei einem Projekt supported. Im Gegenzug hatten sie die Idee, einen Gestaltungsentwurf für unsere neue Halle zu entwickeln. Angelehnt an dem, was wir in der Halle entwickeln wollten, entstand die Idee, sich an die Architektur eines Airbus-Rumpfes anzulehnen. Die Studenten haben den Querschnitt gestreckt, durch einen Quader, der in die Mitte eingefügt wurde, damit die Halle auf die notwendige Breite kam und nicht nur eine Röhre darstellte.
Wir waren begeistert davon, hatten aber davon erfahren, dass der Firmensitz der Lichtdesigner Tobias Grau KG in Hamburg eine ähnliche Architektur aufwies.
Wir haben mit deren Architekten Kontakt aufgenommen, um mögliche Rechte und Befindlichkeiten abzuklopfen. Nachdem keine Einwände bestanden, konnten wir uns an die Umsetzung machen. Der Entwurf wurde dann von unserem Nachbarn, dem Unternehmen Giesers Stahlbau, im Jahre 2002 realisiert.
Radhaus versus Rathaus
Wir starten mit Annika und Uli unseren Rundgang. In der ersten Halle verrät ein Blick auf den Monitor eines Arbeitsplatzes,
dass wir angekündigt sind: 10.00 Uhr | PAN-Interview | Kirsten und Roland Buß | AD | UG
Mit den Inhabern der Kürzel AD und UG stehen wir an einer ca. 1,20 x 1,20 Meter großen Form.
Annika, wie dürfen wir dieses Teil verstehen?
Das ist ein Strukturteil für die Karosserie eines Audi.
Annika, die gelernte Modellbaumechanikerin und Master of Engineering, erklärt uns geduldig die verschiedenen Bohrungen, wo später das Aluminium eingefüllt wird, um daraus das Strukturteil aus einem Stück zu gießen.
Also, vor uns steht das aus Holz- und Kunststoff gefertigte Modell, welches im weiteren Prozess von den Kolleginnen und Kollegen der Gießerei (Werk II) mit Sand gefüllt und verdichtet wird, um als Gießform für flüssiges Aluminium zu dienen.
Jetzt bekomme ich ein klareres Bild, für den Begriff des Modellbaus …
Das ist die DNA unseres Unternehmens, daraus hat sich alles entwickelt.
Und was ist das Teil hier?
Ein Radhaus …
Nachdem wir lächelnd feststellen, dass es durchaus Unterschiede in unserem Sprachgebrauch gibt, sprich „Rat-“ und „Radhaus“ nicht dasselbe sind, kann ich den Ausführungen meiner Gesprächspartnerin besser folgen.
In dieser Roboterzelle werden textile, in Form gepresste Radhaus-Innenverkleidungen mithilfe des Robbis auf die genaue Kontur zugeschnitten.
Ich breche mir bald die Figur beim Schreiben, nicht wissend, ob ich das halbwegs richtig erfasst habe. Dieses Andersherumdenken von positiven und negativen Formen fühlt sich für mich ein wenig an, wie mit einem angehängten Wohnwagen rückwärts zu fahren. Das können ca. acht Milliarden Menschen wahrscheinlich besser als ich. Irgendwie fehlt mir das dafür notwendige Übersetzungs-Bauteil im Gehirn 😉
Als ich vier alte Werkbänke aus Holz erspähe, kommt wieder etwas Ruhe in meine Gedanken.
Zwei solcher Teile zieren unsere Räumlichkeiten, eines als Board für einen Plattenspieler in der Agentur und eines als Kitchen-Board neben unserem Herd.
Uli: Ich habe eine solche Werkbank als Grill umfunktioniert, bei uns zu Hause.
Die Lehrwerkstatt
Im Übergang zur nächsten Halle erspähen wir gegossene Metallplatten nebst Formen, mit erhabenem Logo und Buchstaben:
Das scheint das Erkennungszeichen der „Grunewaldheros“ zu sein, dem Instagram-Kanal, den ich bei meiner Interview-Vorbereitung entdeckt habe: https://www.instagram.com/grunewaldheroes/
In der nächsten Halle bewegen sich auffallend viele junge Menschen um eine Maschine,
die gerade hereingefahren wird. Eine neue Fräsmaschine für die Lernwerkstatt, wie Annika berichtet. Kirsten nutzt die gute Stimmung und bittet das Azubi-Team zum Posing vor ihrer Kamera.
Annika stellt mir eine der Auszubildenden vor:
Anna-Lena Benning | Geburtsjahr 2003 | angehende Industrie-Mechanikerin | kurz vor dem Abschluss ihrer 3 ½-jährigen Ausbildung
Anna-Lena, welche Ausbildungsberufe bietet die Firma Grunewald an?
Wir sind hier insgesamt 20 Azubis in den Bereichen Industriemechaniker/-in, Zerspanungsmechaniker/-in, technischer Modellbauer/-in und … am Standort des Werks II gibt es noch die Gießereimechaniker/-innen.
Was macht für dich die Ausbildung in diesem Unternehmen aus?
Wir Azubis sind unmittelbar in die Kundenprojekte eingebunden. Das ist sehr abwechslungsreich, sehr praxisnah und innovativ. Wir programmieren zum Beispiel selbstständig die 3-D-Drucker. Derzeit ist ein Teil unseres Azubi-Teams in Berlin unterwegs, um europaweit eine App vorzustellen, die wir gemeinsam entwickelt haben.
Was genau kann diese App?
Sie ist Ergebnis eines Evakuierungs-Projektes, das wir zunächst für unser eigenes Unternehmen begonnen haben. Im Rahmen der Initiative Digiscouts wurde daraus eine App entwickelt, die wir vor 120 Gästen im April dieses Jahres im rock’n’popmuseum in Gronau präsentiert haben. Jetzt stellen Jonas Wink, Lars Höpfner und Nico Schäpers dieses Projekt in Berlin vor, weil es das Interesse von anderen Unternehmen, Feuerwehren etc. geweckt hat.
https://www.youtube.com/watch?v=n5nQIr3lmu8
Was macht den Spirit hier aus?
Bei Grunewald herrscht ein gutes, familiäres Miteinander. Wir Azubis machen auch viel privat miteinander, dazu zählen gesellige Aktivitäten wie gemeinsames Grillen oder Cart-Fahren, zum Beispiel.
So ein 3-D-Drucker wäre ja auch spannend für private Belange, oder? Hast du schon mal was für dich angefertigt? 😉
Bislang noch nicht. Ich bin total glücklich, wenn ich ein paar Tonnen aussondern darf, die ich als Feuertonnen aufbereite. Also eher nichts aus dem 3-D-Drucker.
Inzwischen hat sich Jörg Detering zu unserer Rundgang-Truppe gesellt. Wir kennen uns aus zurückliegenden Jahren. Jörg ist Betriebs- und Personalleiter beim Unternehmen Grunewald.
Jörg Detering
Team Grunewald
Jörg, wie viele Mitarbeiter gibt es im Unternehmen Grunewald?
Insgesamt sind wir 205 Kolleginnen und Kollegen an unseren beiden Standorten in Bocholt und dem in Irxleben. Es gilt die Maxime, dass zehn Prozent der Belegschaft unsere Auszubildenden ausmachen.
Wo ist Irxleben?
In der Nähe von Magdeburg, da ist der Sitz von Grunewald Tooling.
Neben Anna-Lena haben wir weitere Frauen bei unserem Rundgang wahrgenommen.
Das stimmt, unter den 20 Azubis befinden sich vier Frauen. Die Gesamt-Frauenquote in diesen ehemals männerdomierten Berufen liegt aktuell bei 10 Prozent — Tendenz: steigend. Worüber wir sehr froh sind, weil es einfach eine angenehmere Atmosphäre schafft.
Trends
Diese Atmosphäre macht sich auch wieder in der nächsten Halle breit, als wir mit Annika Deibel vor einem Bauteil stehen, was für Mercedes-Benz gefertigt wird.
Annika, was ist das?
Eine Rückwandtür für einen Mercedes (dessen Modell aus Geheimhaltungs-gründen nicht genannt werden darf).
Weder Bauteil noch das geheim zu haltende Fahrzeug sagen mir was. Ein paar begleitende Worte sind erforderlich, um aufzulösen, dass eine Rückwandtür das ist, wozu ich bislang „Kofferraumklappe“ gesagt habe 😉
Das mit dem Fahrzeug wird jetzt schwierig. Als passionierter Storyteller, mit dem Hang zu Details, würde ich so gern darüber schreiben, weil mir die Recherche des
Modells im Internet ein wenig die Sprache verschlägt. Aber … weder die Firma Grunewald noch wir verspüren Lust, die Toleranz der Rechtsabteilung von Mercedes-Benz auf den Prüfstand zu stellen.
Annika, wie befreien wir uns aus diesem Schlamassel?
Du kannst gerne schreiben, dass wir noch ein anderes Bauteil für dieses Fahrzeug gefertigt haben. Insgesamt wurden nur 1.500 Autos des Modells verkauft. Hier haben wir tatsächlich ein Serienbauteil gefertigt. Als Dank für unseren Einsatz kam Mercedes mit diesem Fahrzeug, was nicht genannt werden darf, bei uns vorbei 😉
Uli, wo könnten wir genau dieses Bauteil in Zukunft antreffen, wenn wir es mit einem GPS-Modul versehen würden? In einem dieser getarnten Erlkönige auf der linken Spur unserer Autobahnen zum Beispiel?
Das wäre eine mögliche Option. Naheliegend wäre auch im Rahmen von Crashtests, Temperatur-Belastungen in der Wüste oder in anderen Einsatzgebieten.
Es handelt sich um sogenannte Vor-Serienteile, die von den Herstellern benötigt werden, um einen neuen Typen bis zur Serienreife zu verfeinern.
Wie viele werden davon dann benötigt?
Das hängt vom Auftrag und vom Hersteller ab. Mal sind es 200 Teile … es können aber auch schon mal 1.500 Teile sein. Die Herausforderung für die Unternehmen und letztendlich auch für uns besteht darin, die Qualität im Bereich Steifigkeit immer weiter zu pushen — am besten
gepaart mit Einsparungen beim Gewicht. Das heißt, die Bauteile werden immer dünnwandiger und leichter, bei zunehmender Festigkeit. Darin sind wir extrem gut, wie die Nachfrage zeigt. Mercedes-Benz zum Beispiel hat eine eigene Gießerei. Wenn die diese Qualität inhouse produzieren könnten, würden sie das tun.
Ein Umstand, auf den ihr zu Recht stolz sein dürft, oder?
Ich gebe dir recht. Das kommt möglicherweise in meinem Denken oftmals zu kurz. Aber es ist einfach alles in Bewegung. Du musst hellwach sein, um dich den rasanten Entwicklungen anzupassen. Da bleibt für Stolz wenig Raum.
Wo geht denn die Reise hin?
Wir sprechen immer mehr von Funktionsintegration. Da geht es um Vereinfachung, um die Montage-Prozesse zu verschlanken. Es werden immer mehr Gussteile verbaut, die Komponenten werden immer größer. Damit einhergehend eine deutliche Reduktion der Schweißverbindungen.
Wir sprechen derzeit über Teile mit Maßen von 2 x 2 x 1 Meter und einem Gewicht von 70 Kilogramm und einer Wandstärke von teilweise zwei Millimetern.
Damit sind wir aber noch nicht am Ende der Reise. Sagen dir die von Tesla geprägten Begriffe „Gigacasting“ oder „Megacasting“ etwas?
… fragt er den, der nicht mal eine Rückwandtür und ein Radhaus gedanklich richtig einsortiert bekommt 😉
Nicht wirklich.
Da geht es um Ansätze, wo zum Beispiel der gesamte Hinterwagen eines Fahrzeugs aus einem Guss entstehen wird — was Komplexität, Gewicht und Kosten reduziert. Was früher aus 14 Teilen miteinander „verheiratet“ werden musste, wird in Zukunft durch ein einziges Bauteil ersetzt – hochkomplex, höchst effizient.
Das unterstreicht Ulis sympathisch vorgetragene Bitte, die Beschriftungen und Etiketten an den Teilen nicht in den Fokus unserer Kameras zu nehmen.
Was ich jedoch erspähe und fotografiere, ist eine nostalgische, verzinkte Sulo-Mülltonne mit Deckel. Dieses vertraute Bild aus meiner Kindheit lässt ein „Habenwollen“ bei mir aufpoppen. Ich kann mir gerade keine schönere Papiertonne für meine Kemenate vorstellen 😉
Jakob Nienhaus
Mensch versus Maschine
Annika macht uns mit Jakob bekannt. Einem weiteren Eigengewächs von Grunewald. Jakob Nienhaus kenne den „Sound der Fräsmaschinen“ wie kein anderer. Ein Zerspanungstechniker mit einem Talent, was zuverlässiger sei als jede KI. Der ehemalige Auszubildende höre raus, wenn eine Maschine nicht rund laufe.
Dennoch ist die fortschreitende Automatisierung ein notwendiger und angenehmer Prozess, die Menschen von stupiden Aufgaben zu befreien. Jakob erläutert uns, wie die Teile, die aus der Gießerei kommen, in seinem Arbeitsbereich nachbearbeitet werden.
Dort übernimmt eine Maschine Routine-Arbeitsschritte wie Bohren und Fräsen und dies wird unterstützt durch einem automatischen Palettenwechsel. Die Maschine könne, durch ihn mit Bauteilen bestückt und programmiert, die ganze Nacht durcharbeiten.
Auf dem weiteren Weg erspähe ich ein Aluminium-Teil von der Größe eines Esstisches — ein kongenialer Stehtisch, mit Ausbuchtungen für Gewürze und Dips — wie ich finde.
Laut Uli ein Tiefziehwerkzeug, bei dem mittels Vakuum eine Folie eingesogen wird — für ein Bauteil eines Herstellers, dessen Name nicht genannt werden darf 😉
Dann behalte ich die Plan-B-Stehtisch-Lösung auch für mich 😉
Grunewald & Airbus … eine gute, bisweilen aufreibende Partnerschaft
Wir gelangen in die Halle, mit der imposanten Fassade zum Biemenhorster Weg hin. Jetzt wird deutlich, dass die Ausmaße nötig waren, um die Formen für den breiten Rumpf des Airbus herzustellen. Uli weist auf die darüber angesiedelten Büros hin, deren Fensterfronten die Sicht auf die Fertigungsprozesse freigeben.
Auf dem Weg hatte Kirsten ein Werkzeug fotografiert, welches angefertigt wurde, um die Landeklappe für die A220-Serie zu fertigen. Das ist das kleinste Flugzeug der Airbus-Flotte, dessen Vorgänger Bombardier CRJ hieß. Imposant, diese Facette deutsche Luftfahrtgeschichte — mitten in Bocholt.
Uli scheint unsere Faszination zu spüren und berichtet von einem Meilenstein in der Zusammenarbeit mit Airbus. Alles fußt auf einer kurzen, einseitigen Mail, die uns Uli im Anschluss an den Rundgang zur Einsicht reicht. Die Mail wurde am Mittwoch, dem 18.02.2009, um 21.28 Uhr von einem Vice President aus dem Unternehmen Airbus Deutschland verfasst. Deren abschließender Satz lautet:
„Ich werde die Vertragslage und die Ausstiegsszenarien prüfen lassen.“
Lieber Uli, wie ging es euch nach diesen neun Worten? Und was war der Anlass?
Hintergrund war der Auftrag für die Serienfertigung von Rudern für den Airbus A320 in Stade. Wir hatten eigens dafür fünf Millionen Euro investiert und eine neue Halle in Stade gebaut.
Aber weshalb diese Drohgebärden?
Auf der Suche nach einem Schuldigen bewegen sich manche Menschen eher im Außen, als bei sich selbst anzufangen. Wir hatten Daten von Airbus geliefert bekommen, mit denen wir dieses Ruder produziert haben. Es hat eine Zeit lang gedauert … und natürlich Nerven gekostet,
um festzustellen, dass wir versehentlich mit den falschen Daten gefüttert worden waren.
Gab es ein Happy End zu dieser Bad-Story?
Ja, im Endeffekt sind dort 4.000 Ruder von Grunewald in 8 Jahren produziert und ausgeliefert worden. Zugegeben mit einigen
schlaflosen Nächten zwischendurch.
Werkzeug für Landeklappe A220
Maschinenbau — der besonderen Art
Annika und Uli führen uns in das Innere einer angemieteten Halle in der Nachbarschaft — dort zu einer Karosse eines Mercedes EQS — einer vollelektrischen Alternative zum Porsche Taycan, dem Audi e-tron GT und dem Tesla Model S (wie ich anschließend recherchiere). Diese Karosse sei ein Geschenk von Mercedes-Benz.
Deren Innenleben, nebst Folder, macht deutlich, wo die Reise hingeht, die Uli uns zuvor beschrieben hatte. Wir glauben zu ahnen, was die Rolle von Grunewald in dieser Entwicklung sein könnte. In der Halle stehen einige Maschinen, wo Mitarbeiter des Unternehmens den Roboter-Elementen offensichtlich gerade erklären, was deren Job ist — sprich: Sie programmieren.
Jetzt wird mir klar, warum es so schwer ist, euer derzeitiges Stadium mit dem passenden Begriff zu belegen. Die von dir eingangs angesprochenen „Lösungsentwickler/Innovatoren“ trifft es schon — auch wenn es weder konkret noch sexy klingt, oder?
Wie würdest du es bezeichnen?
Für mich seid ihr Manager von Komplexität, mit einer anscheinend einzigartigen Gießerei … auch wenn das noch nicht des Wordings letzter Schluss ist.
Das hast du gut erfasst. Ihr fahrt ja jetzt rüber zur Gießerei, zu unserem Werk II. Annika und Jörg begleiten euch. Wenn du irgendwelche Fragen hast, rufe gerne bei mir durch.
Ich bin froh, für mein iPhone eine Flatrate bei der Telekom gebucht zu haben, angesichts der drohenden Fragen 😉
Auf dem Weg ins Industriegebiet erzählt uns die megasympathische Annika von ihrem 5-jährigen Sohn, der zur Zeit kränkelt, und wie wohltuend es sei, bei einem Unternehmen zu arbeiten, wo man Arbeit und Family so harmonisch in Einklang bringen kann.
Sag mal, Annika, wie erklärst du Menschen wie mir, was du machst?
Meine Antwort darauf lautet: Wir erschaffen mit unserem Team Grunewald Teile, die die Welt umfliegen und die die Straßen dieses Planeten bereisen — und das aus einem Guss.
Ein passendes Statement, um das Werk II, die Gießerei zu betreten, die von unserem Freund Harald Dieckhues geleitet wird.
Grunewald Backstage — die Gießerei
Dienstag | 14. November 2023 | 12.20 Uhr
Bocholt | Am Busskolk 35 |
Grunewald GmbH & Co. KG | Werk II
Wir werden begrüßt von Mark Pettfield, der uns in die Gießerei führt. Mark war früher Schichtleiter und Ausbilder an diesem Ort. Seit Anfang 2023 füllt er die Funktion des 3-D-Designers aus — ein Feld, welches eine immer größere Bedeutung im Unternehmen einnimmt, wie uns Jörg Detering erklärt.
Kirsten und ich müssen uns aus einer weiteren Denkschublade befreien. Irgendwie hatten wir ein anderes Bild in unseren Köpfen, was eine Gießerei angeht.
Keine Hitze, keine lavaähnlichen Ströme von flüssigem Metall, die wir vom „Kommandostand“ unseres Freundes ausmachen können — seinem Büro auf der Empore, mit Blick in die Gießerei. Harald wird später dazustoßen, wie wir erfahren.
Mark führt uns in den Bereich, wo die Modelle, die wir im Werk I gesehen haben, mit Sand gefüllt und verdichtet werden. Jede Form hat ein Ober- und Unterteil, die beide zunächst beschichtet werden, damit kein Metall in den Sand eindringt. Dann werden die Formen mittels Roboter mit Niederdruck befüllt. Dafür brauchen die Robo-Jungens exakt zwei Sekunden. Nach rund 24 Stunden des Auskühlens liegen sie dann vor uns, die dünnwandig gegossenen Rückwandtüren, die jetzt weiter bearbeitet werden.
Mark Pettfield
In der Richterei
Nils Laader-Weise, Baujahr 1997 … ein weiteres Eigengewächs der Firma Grunewald nimmt uns mit in die Nachbearbeitung und die Qualitätskontrolle der Gussteile. Zunächst werden die bizarren Gussgebilde von allem befreit, was nicht dazugehört. Das heißt, alle Gussperlen, Nähte, und Halterungen werden nach genauen Anleitungen mechanisch entfernt.
Nils, was passiert, wenn man einen schlechten Tag hat, unaufmerksam ist und das Falsche wegschleift oder abflext?
Das kommt eher selten vor. Dann muss das wieder angeschweißt werden, wenn es nicht die Gesamtqualität mindert.
Lass uns über den Normalfall sprechen. Wie geht ihr weiter vor?
Die Gussteile werden zunächst einer Wärmebehandlung unterzogen, das heißt, sie werden 535 Grad Hitze ausgesetzt, um sie wieder weich zu machen. Dann werden sie mit 100 Prozent Handarbeit in die gewollte Form gebracht — ein hoher manueller Aufwand, im Sinne der Qualität.
Danach erfolgt eine Abschreckung mittels Wasser und Luft. Diese „Kunst des Schreckens“ habe ich andernorts noch nie gesehen. Die „Kammer des Er-Schreckens“ ist ein wichtiger Baustein in der Qualität unserer Arbeit.
Nils führt uns zur ultimativen Qualitätskontrolle — der Röntgenabteilung. Hier durchleuchtet man jedes Bauteil — wenn der Kunde diese 100 Prozent Leistung abruft, sprich, vereinbart hat.
Nils Laader-Weise
Die Ausnahmestellung der Gießerei
Jörg, wie kann man diesen hohen Qualitätslevel der Gießerei der Firma Grunewald einmessen?
Ich habe mein ganzes berufliches Leben in der Gießerei-Branche verbracht. Da sprechen wir über mittlerweile 45 Jahre Erfahrungswissen — 28 Jahre davon bin ich in dem Unternehmen Grunewald.
Ich glaube behaupten zu dürfen, dass es auf diesem Planeten keine drei Gießereien gibt, die auf diesem hohen Niveau agieren können – die in der Lage sind, solch dünnwandige Strukturgussteile zu produzieren, mit dieser Steifigkeit.
Was die Familie, das Unternehmen Grunewald auszeichnet, ist die Innovations-und Investitionsfreudigkeit.
Die Welt unserer Kunden wird immer komplexer und die Anforderungen an die Teile immer komplizierter. Hier dürfen wir auf ein sehr langes, biografisch gewachsenes Know-how vertrauen und zurückgreifen — was sich in unseren Auftragsbüchern spiegelt.
3-D-Druck
Den Abschluss unserer Backstage-Runde bildet ein Blick auf die beiden großen 3-D-Sanddruckanlagen für die Vorserienfertigung.
Aber ich merke, dass mein Gehirn gerade übersäuert, um dieses Zukunftsthema und weiteres Standbein der Firma Grunewald aufzusaugen und zu teilen.
Ich hisse die weiße Flagge gegenüber Annika und Jörg, die uns noch mal in die obere Etage führen, wo wir Kirstens jüngstes Model antreffen 😉 — Christian Grunewald — und unseren Freund Harald, der inzwischen eingetroffen ist.
Wir bedanken uns für die spannenden Einblicke in ein Unternehmen, welches eine bedeutendere Geschichte für das Leben auf diesem Planeten spielt, als wir ansatzweise geglaubt haben. Und das so leise und sympathisch.
Der Abschluss
Liebe Annika, was muss noch raus? Was sollten die Menschen wissen, die jetzt neugierig geworden sind?
Dass es neben der Nacht der Ausbildung viele Möglichkeiten gibt, bei uns reinzuschnuppern. Übrigens auch für Lehrer 😉 Unlängst hat ein Lehrer bei uns ein Praktikum absolviert, um seine Schülerinnen und Schüler adäquat beraten zu können.
Das finden wir vorbildlich und laden gerne ein, diesem Beispiel zu folgen.
Ich hoffe, dass bei unserem Rundgang deutlich geworden ist, wie facettenreich unser Unternehmen ist und wie spannend
es sein kann, mit uns gemeinsam die Herausforderungen der Zukunft anzugehen.
Das waren jetzt viele Zeilen, in denen lediglich 50 Prozent der Familie Grunewald zu Wort gekommen sind. Ihr lieben Leserinnen und Leser solltet wissen, dass es mit Philipp Grunewald, dem Bruder unseres Gesprächspartners Uli, einen zweiten Geschäftsführer gibt und Helga Grunewald die Kaufmännische Leitung des Unternehmens obliegt. Neben der Mutterrolle für Uli und Philipp, der Omi-Rolle für fünf Enkelkinder, muss sie jetzt möglicherweise auch die Modelanfragen für ihren Mann Christian managen 😉
Ich kann zwar keine Gedanken lesen, aber mir war vollkommen klar, was Kirstens erster Satz auf unserer Rückfahrt in den Verlag sein würde: „Wahnsinn, oder? Wat se alle so machen.“
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Foto: Andreas Badnareck
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