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„Knistern muss das!“

Jun 30, 2023 | Portraits

Dialog unter langjährigen Print-Gefährten 

Fotos: Kirsten Buß/ Interview: Roland Buß

Prolog 

In der Juni-Ausgabe des PAN auf den  Seiten 54 und 55 (Ausgabe Juni 2023) hatten wir geteasert: 

„Wir freuen uns darauf, euch in der nächsten Ausgabe die neue Druckmaschine unseres Printpartners D+L vorzustellen. Ein Indiz, dass die Faszination für gute Printprodukte keine einseitige Betrachtung ist.“

Wir machen uns auf den Weg zu D+L. Dem Unternehmen, wo seit 2011 all unsere Magazinprojekte gedruckt werden — mittlerweile vier an der Zahl (der PAN, der My local Wedding Guide, der
PLATZHIRSCH und der RADius). 

Eine gewachsene Geschäftsfreundschaft, die sich gut anfühlt, die von Vertrauen geprägt ist. Wir sind im ständigen Kontakt und im Austausch. Doch unser letzter tiefgründiger Austausch mit den beiden Geschäftsführern Thomas Klein-Bösing & Dirk Reichenberg, zur Zukunft von Printprodukten, fand am 06. August 2019 statt. 

Bei selbstgebrutzelter Pasta aus unserer PAN-Kombüse (der Private-Kitchen in unserem Nest) hatten wir uns „zusammengerottet“, um der Print-is-dead-Fraktion gewichtige Argumente entgegen zu 
setzen. Damals hatte unser Partner-Unternehmen frisch in eine neue Druckmaschine investiert. Unseren Austausch könnt ihr in unserem Business-Magazin PLATZHIRSCH auf den Seiten 31 bis 33 (Ausgabe No.2) nachlesen.

Das war vor der Pandemie. Inzwischen sind 1.408 Tage seit unserem letzten Austausch ins Land gezogen. Seitdem ist viel passiert. Die Pandemie hat uns beim Thema Digitalisierung Notwendigerweise den Turbo einschalten lassen. 

Jetzt, wo uns das unnormal-normale Leben wieder hat, spüren wir die Sehnsucht nach Entschleunigung, nach Ruhe, Zeit zur Besinnung, Zeit für das Schmökern in guten Magazinen und … Zeit für ein tiefgreifendes Gespräch mit unserem Printpartner. Abermals hat D+L in eine neue Druckmaschine investiert. Was war deren Motiv dafür? Ein mögliches Indiz dafür, dass auch nach dem Digitalisierungshype, die Unkenrufe der Print-Pessimisten ins Leere laufen? 

Wir freuen uns auf ein Wiedersehen in dieser Vierer-Konstellation und sind gespannt auf den Austausch unserer Gedanken. 

Mittwoch, 14. Juni 2023, 14.00 Uhr 46395 Bocholt / Schlavenhorst 10 / Meeting-Raum bei D+L

Während Dirk Reichenberg uns den Kaffee einschenkt, wandert mein Blick über die imposante Auswahl der Printcover im Rücken unserer Gesprächspartner. 

Thomas (Klein-Bösing) … sind das alles Magazine, die hier gedruckt werden? 

Das ist nur eine Selektion. Vor derPandemie waren es ca. 140 verschiedene Zeitschriften und Magazine. Mittlerweile sind es 150 — Tendenz steigend. 

 

Ich verkneife mir die Frage, ob wir mit unserem smarten Verlag immer noch der größte Magazin-Kunde sind zumindest, was die Anzahl der verschiedenen Formate angeht 🙂

Bevor wir uns der Welt der Magazine widmen, lasst uns bitte erst über ein paar Details zu eurer neuen Druckmaschine sprechen …

Eigentlich würde ich Technik-Blödel diesen Bereich umschiffen. Technische Daten finden einfach keinen Halt in meinen Synapsen. Zudem tue ich mich in der Regel schwerer als „Normale Menschen“, technische Zusammenhänge zu verstehen. 

… wie heißt das Teil genau lieber Dirk (Reichenberg)? 

Das ist eine Heidelberg Speedmaster XL 106-8P. 

Während Kirsten ins Geschehen eingreift und die beiden für das Einfangen einiger Interview-Sequenzen vor ihrer Nikon instruiert, frage ich rasch Google. Das Ergebnis:

„Speedmaster XL 106 wird weltweit schnellste Bogenoffset-Druckmaschine.“
(Quelle:
packaging-journal.de/weltpremiere-heidelberg-speedmaster-xl-106)

Könnt ihr uns deren Geschwindigkeit anhand des Druckprozesses des PAN deutlich machen? 

Dirk: Die kann in einer Stunde 18.000 Bögen bedrucken. Ein Bogen sind insgesamt 16 DIN A4 Seiten. Die Faszination liegt neben der Geschwindigkeit in der Präzision — weil die Maschine Vorder-
und Rückseite bedrucken kann. Da kommt es beim Einzug und Umlegen der Bögen auf Bruchteile von Millimetern an — da muss alles stimmen. Das ist extrem anspruchsvoll. 

Wie lang braucht die Maschine um die Auflage eines 80-seitigen PAN zu drucken? 

Thomas: Ca. 2 ½ Stunden. 

Mein Blick wandert nach rechts, zu meiner Frau Kirsten, die die Zeitfenster der Druckprozesse mit D+L abstimmt und steuert was auch gut ist, angesichts meines semibegabten technischen Verständnisses 🙂

Unsere Blicke treffen sich — meine Frau scheint gerade meine Gedanken lesen zu können: 

Kirsten: Das ist nur der Prozess des Druckens. Nach wie vor planen wir fünf Tage ein, von der Druckfreigabe, bis zur Übernahme der frischen PAN’s durch unser Verteil-Team. 

Blick und Stimmlage (ich glaube sogar ein leises „Freundchen“ in der Mimik zu erkennen 🙂 pulverisieren meine Hoffnung, 3-4 Schreibtage zusätzlich rausschinden zu können —  angesichts der Geschwindigkeit der neuen Druckmaschine. 

Ihr solltet dazu wissen, dass unsere ansonsten sehr harmonische Beziehung, zwölfmal im Jahr einer Belastungsprobe unterzogen wird. Und zwar allmonatlich, wenn wir uns auf der Zielgeraden zur Druckfreigabe des PAN befinden und die Gattin den Vielschreiber (mich) zur Eile antreibt. Mein Notwehr-Spruch „Gras wächst auch nicht schneller, wenn man daran zieht“, als Ausdruck, dass man Kreativität nicht zwingen sollte, läuft regelmäßig ins Leere 🙂 

Okay, diese Schlacht kann ich wegen fehlendem Wissen nicht gewinnen —  noch nicht. Ich sollte beizeiten mal mit den Jungs unter vier Augen sprechen —  vielleicht liegt die Wahrheit zwischen 150 Minuten Produktionsprozess und fünf Tagen irgendwo in der Mitte? 

Wie weit muss man fahren, um eine Druckmaschine mit einer vergleichbaren Geschwindigkeit anzutreffen, Thomas? 

Ca. 140 Kilometer. 

Was war euer Motiv diese neue Speedmaster anzuschaffen? 

Thomas: Das resultiert aus unserem Anspruch, unserem Kunden immer die maximale Qualität anbieten zu können —  State of the Art, wie man sagt. 

Wir haben in den letzten zwei Jahren insgesamt 4,8 Millionen in neue Maschinen investiert. Unter anderem in einen neuen Sammelhefter. Mittlerweile verrichten
Roboter die Arbeit an den Falzmaschinen, die sonst zwei unserer Mitarbeiter beim Abpacken gebunden hat. 

„Dünnes Eis?“

Ich weiß was du meinst. Wir haben aber nicht Menschen gegen Maschinen ersetzt — wir haben unsere Mitarbeiter von strapaziösen Arbeiten entlastet und sie in anderen, rückenschonenderen Bereichen einsetzen können. Eine Möglichkeit, dem weitläufigen Fachkräftemangel zu begegnen. 

Wie bekommt man euch national eingemessen? Wieviel Konkurrenten / Marktbegleiter / Mit-Bewunderer  gibt es in Deutschland, die kraft ihres Maschinenparks auf ähnlich hohem Niveau spielen können?

Thomas: Ca. drei bis vier. Wir sind extrem gut aufgestellt, sprich gerüstet für die Zukunft. 

Dann lasst uns über die Zukunft sprechen, was sind eure Eindrücke und Erfahrungen zum Thema Print — nach der Pandemie?

Bild: Heidelberger Druckmaschinen AG

Thomas: Wir stellen fest, dass sich der Boom bei Special-Interest-Magazinen ungebrochen fortsetzt. Wir machen das an unseren Neukunden und ihren
Produkten fest — z.B. Stadtmagazine aus dem Raum Düsseldorf, Magazine zur Bonsai-Kultur, neue Druckwerke zum Thema Vinyl etc. 

Dirk ergänzt: Wir haben schon vor Corona viel Magazine im Foto- und Hifi-Sektor gedruckt. Wir hatten 5-6 Verlage im Foto-Segment mit insgesamt 10 Magazinen. 

Nach der Pandemie erweitert sich unsere Auftragslage, weil sich unsere Kunden wachsender Auflagen erfreuen, die sie zudem zu weiteren Magazin-Projekten motivieren. 

Soviel zum Thema „Print is death“ …

Thomas: Es ist so, wie ihr es im letzten PAN geschrieben habt — das Gros der Bevölkerung ist mit Print großgeworden und viele von denen, werden das auch nicht missen wollen — trotz der Bereicherung der digitalen Welt. Den Geruch und die Haptik eines guten Print-Produktes kann Scrollen auf dem Tablett nicht abbilden. 

Thomas ergänzt: Circa 80 Prozent unserer Produktion ist dem Druck von Zeitschriften und Magazinen gewidmet. Hinzu kommen der Druck von Postern, Bedienungsanleitungen, tagesaktuellen Messezeitungen etc.

Zum Thema Messezeitungen legt uns Dirk ein druckfrisches Exemplar der „fairNews“ der “Bright World of Metals” vor. 

Google verrät, was sich hinter dem diesem Messe-Konsortium “Bright World of Metals“ verbirgt:   Die internationalen Leitmessen mit Kongressveranstaltung und hochkarätigem Rahmenprogramm für Gießereitechnik, Gussprodukte, Metallurgie und Thermoprozesstechnik fanden vom 12. bis 16. Juni 2023 in Düsseldorf statt.

Das heißt, die Messe läuft jetzt noch?  

Thomas: Genau. Uns werden abends die Druckdaten durch die Redaktion angeliefert. Wir drucken über Nacht und liefern morgens um vier Uhr diese Messezeitung bei der Messe an. 

Von dort aus erfolgt die weitere Verteilung … auch zu den Hotels. Wenn die Messegäste morgens beim Frühstück sitzen, haben sie top-aktuelle News in Printform auf dem Tisch. Das machen wir bei der “Bright World of Metals“, als auch bei anderen Messen — wir sind Druckpartner u.a. für die Kölnmesse. 

Apropos Druckpartner, welches ist euer absolutes Lieblings-Printprodukt … abgesehen von den Magazinen unseres Verlages 🙂 

Thomas und Dirk schauen sich in die Augen. Eigentlich stelle ich mich auf ein loyales Umschiffen dieser Frage ein … die beiden sind eher zurückhaltend im Nennen von Namen. Trotzdem entnehme ich ihrer Mimik, dass es da etwas gibt, was das Herz dieser beiden Printspezialisten höherschlagen lässt. 

Dirk steht auf und holt aus dem Büro ein mattschwarzes CoffeeTable-Magazin mit dem Namen SWAN. Mit 24 x 34 cm fast genau so groß, wie unser Lieblingsmagazin DER HAMBURGER. Ein Fine-Art-Magazine mit spektakulären Schwarz-Weiß-Fotos und klar strukturierten Interviews. Die Inhaltsangabe verrät 196 Seiten. Mit geschätzten 1,5 Kilogramm ein echtes Schwergewicht — aber auch von der Qualität her. 

Ich bin schockverliebt und inspiriert zugleich. So ähnlich könnte unser fünftes Magazin-Projekt mit dem Titel BEGEGNUNGEN aussehen und sich anfühlen — welches wir als mittelfristiges Projekt skizziert haben. 

Kirsten prüft die Qualität der abgedruckten Fotos … Viel schwarz, große Schwarzflächen, das musst du auch drucken können … das kann noch lange nicht jeder in dieser Topqualität.

Der SWAN hat den optischen und haptischen Belastungstest meiner Gattin mit Bravour bestanden. Ich weiß jetzt schon, dass ich unruhig schlafen werde, als Dirk uns das Exemplar schenkt. 

D+L Druck+Logistik
Schlavenhorst 10
46395 Bocholt
Telefon: (02871) 24 66-0
Telefax: (02871) 24 66-66
E-Mail: info@dul-print.de
Web: www.dul-print.de

In welcher Auflage wird der SWAN bei euch gedruckt?

Thomas: In einer smarten Auflage 🙂 

Da ist sie wieder, die sympathische Loyalität gegenüber den Kunden. Auch im Netz finde ich lediglich Hinweise wie „streng limitiert“ für dieses einzigartige Bookazine.

Memo an mich selbst: Dringend den SWAN abonnieren. Ich weiß gar nicht, wie ich
bislang ohne dieses Meisterwerk leben konnte. Die 30 Euro pro Ausgabe (im Abo) sind diesen werbefreien Lese-Höchstgenuss wert. 
 

Thomas: Dieses Gefühl lässt sich digital nicht darstellen. 

Ein schönes Schlusswort. Jetzt sind wir gespannt auf den Rundgang durch euren Maschinenpark, der Werke wie dieses produzieren kann. 

Wir drehen eine Runde durch die Produktionshallen von D+L. Selbst ein Nichttechniker wie ich bekommt eine Gänsehaut, wenn man sieht, mit welch atemberaubender Geschwindigkeit die neue Speedmaster die Druckbögen „ausspuckt.“ 

Dazu steigt einem der angenehme Geruch in die Nase, den wir alle kennen, wenn man in einem frischem Printprodukt schmökert.

Nicht zuletzt dank dem kräfteschonenden Einsatz der RoboTechnik könnte es Spaß machen, als Drucker, Buchbinder oder Produktionshelfer zu arbeiten oder?

Thomas: Wir finden schon. Überraschend ist, dass wir mit Bewerbungen zum Mediengestalter  und zur Mediengestalterin überflutet werden — während das „Eingangskörbchen“ für die Bewerbung als Drucker und anderen Berufsgruppen in der Produktion gelangweilt gähnt.

Wir bieten derzeit noch einige Ausbildungsplätze und offenen Stellen an.

www.dul-print.de/karriere/

Bewerbungen an:

klein-boesing@dul-print.de

Wir bedanken uns für den abermals inspirierenden Austausch zum Thema Print und einem augenzwinkernden „Gib diesem Digital eine Chance.“ 🙂

Hier geht es zum Zeitraffer-Video Aufbau der Heidelberg Speedmaster XL 106-8P 

https://www.dul-print.de/investition-in-neueste-drucktechnik/