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Magendrehung Jetzt aber schnell!

Apr 2, 2024 | Tierarzt

Viele Geschichten und Gerüchte ranken sich um das Thema Magendrehung (Torsio ventriculi). Fakt ist, dass es sich um eine häufig todbringende Erkrankung der großen Hunderassen handelt. Somit sprechen wir vom Albtraum der Besitzer Deutscher Doggen, Deutscher Schäferhunde, von Berner Sennenhunden, Dobermännern und ähnlichen Rassen.

 

Aber was passiert überhaupt bei einer Drehung des Magens? Möglicherweise – aber nicht zwingend – verzehrten die Patienten zuvor große Mengen oder unverdauliches Futter. So hatte zu meiner Berliner Zeit mal ein Dobermann aus Futterneid sage und schreibe fünf Schweinefüße verschlungen. Das konnte nicht gut gehen. Die übertriebene Futteraufnahme führt zur Magenüberladung, sodass der Nahrungsbrei nicht weitertransportiert wird, sondern im Magen, der langsam beginnt sich auszudehnen und sich zu drehen, vergärt. Folglich werden der Mageneingang an der Speiseröhre und der Magenausgang Richtung Dünndarm abgeschnürt. Daher können die entstehenden Gärgase weder aufgestoßen noch über den Darm ausgeschieden werden. Somit bläht sich der Magen, ähnlich wie ein luftgefüllter Ballon, weiter auf. Im weiteren Verlauf wird oftmals die Milz, in der es durch Abdrücken der großen Gefäße zum Blutstau kommt, mitgedreht. Mit Fortschreiten der Erkrankung stirbt die Magenwand durch die Minderdurchblutung ab. Die hierdurch frei werdenden Giftstoffe und die Kompression der großen Gefäße führen zu einem Schockgeschehen und zu Herzrhythmusstörungen. 

Unbehandelt kommen die Hunde innerhalb weniger Stunden zu Tode. Betroffene Tiere gasen sichtbar auf und zeigen frühzeitig Symptome wie Würgereiz sowie den erfolglosen Versuch des Erbrechens. Der aufgegaste Magen ist an der Wölbung der Bauchseite zu erkennen. Klopft man auf diese Körperseite, ist gegebenenfalls ein Trommelgeräusch zu hören. In späteren Stadien hat der Patient Luftnot, gefolgt von Kreislaufschwäche und Anzeichen eines Schocks. 

Wenn der Hundebesitzer die genannten Krankheitserscheinungen beobachtet und den Verdacht auf eine Magendrehung hegt, dann muss er unbedingt schnell
handeln und unverzüglich eine größere Tierarztpraxis oder eine Tierklinik aufsuchen. Eine telefonische Voranmeldung gibt dem veterinärmedizinischen Team die Möglichkeit, diverse Maßnahmen vorzubereiten, um Ihrem Tier schnellstmöglich zu helfen, denn es zählt jetzt jede Minute. Beweisend bei der Diagnosefindung ist ein Röntgenbild, in dem sich der aufgegaste Magen als riesiges luftgefülltes Gebilde darstellt. Nun liegt es an Ihnen zu entscheiden, ob Sie einen Therapieversuch wünschen. Leider liegt auch bei optimaler Versorgung die Todesfallrate bei mindestens 15 %.
 

Gerade bei älteren und vorerkrankten Tieren entscheiden sich Patientenbesitzer aufgrund einer schlechten bis aussichtslosen Prognose schweren Herzens zur Euthanasie Ihres Hundes. Kann eine günstigere Prognose gestellt werden, wird schnellstens der Magen via Punktion abgegast, um dem Hund Erleichterung zu verschaffen. Kreislaufstabilisierende Maßnahmen sind die Infusion und diverse Medikamente gegen Schock und Herzrhythmusstörungen, und danach geht es ab in den OP. Während des Eingriffs werden Magen und Milz zurückgedreht. Ist das Gewebe stark in Mitleidenschaft gezogen, muss eventuell ein Teil der Magenwand und die Milz entfernt werden. Prophylaktisch kann der Magen an der inneren Bauchwand fixiert werden, so kann er sich nicht wieder drehen. Nach dem Eingriff ist ein stationärer Aufenthalt unumgänglich, denn auch nach einer erfolgreichen Operation kann es noch innerhalb von ein bis drei Tagen zu Rückschlägen kommen.

Neben der Rassedisposition gibt es auch andere begünstigende Faktoren für die Magendrehung. So haben ältere Tiere mit schlaffem Bindegewebe, tiefbrüstige Tiere, Hunde, deren Vorfahren betroffen waren, eine höheres Risiko für eine Krankheitsentstehung, und die hastige Futteraufnahme sowie Stress tragen dazu bei. Gefährdete Hunde sind also groß, haben einen schmalen Brustkorb und sind stressanfällig. Prophylaktisch können Sie folgendes für Ihren Vierbeiner tun: Füttern Sie Ihren Freund mehrmals täglich aus einem Futternapf, der auf dem Boden steht, mit geeignetem Futter. Die Ruhezeit von einer Stunde nach der Nahrungsaufnahme wird zwar kontrovers diskutiert, kann aber keinesfalls schaden. Sowieso ist übermäßiger Stress zu vermeiden. 

Nachdem ich mich in diesem Artikel zu einem Krankheitsbild der großen Hunderassen geäußert habe, werde ich im Maiartikel zum Thema „Miniaturhunde – Klein aber oho!“ wechseln. Bis dahin wünsche ich Ihnen einen nicht zu wechselhaften April. 

Ihre Dr. Simone Möllenbeck

Dr. Simone Möllenbeck
Zusatzbezeichnung Zahnheilkunde

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