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PRO UND CONTRA DER KASTRATION

Mrz 27, 2023 | Kolumne

Text: Dr. simone Möllenbeck

 

Egal ob Hund, Katze oder Heimtier: Mit der Kastration sind viele Sorgen und Ängste verbunden, so dass seitens der Tierhalter diesem chirurgischen Eingriff nicht immer bedenkenlos zugestimmt wird. Aus tierärztlicher Sicht handelt es sich bei der Entfernung der Fortpflanzungsorgane um einen Routineeingriff. Auf das einzelne Tierleben bezogen kann diese Entscheidung aber nur einmal getroffen werden, da diese Operation nicht mehr rückgängig zu machen ist. Daher sollten sich Tierhalter vor der Zustimmung mit allen Pros und Contras auseinandersetzen. Meine Meinung zum Thema erfahren Sie beim Weiterlesen.

Manche Besitzer meinen, dass nur männliche Tiere kastriert und die weiblichen Patienten sterilisiert werden. Das ist so nicht richtig. In der Regel werden die hormonproduzierenden Keimdrüsen bei beiden Geschlechtern komplett entfernt. Dies sind beim Männchen die Hoden und beim Weibchen die Eierstöcke. Analog zur Humanmedizin wäre auch die Sterilisation beider Geschlechter möglich. Da das Ausleben des Sexualtriebes ohne die Möglichkeit zur Fortpflanzung in der Tierhaltung aber meist unerwünscht ist, sprechen wir in aller Regel über die Kastration der Vierbeiner. Chirurgisch gesehen ist dies beim männlichen Tier ein kleinerer Eingriff als bei der Hündin, da die Hoden beim gesunden Männchen gut zugänglich im Hodensack und nicht wie beim Weibchen im Bauchraum liegen.

Der gut informierte Halter der kleinen Heimtiere weiß, dass nur die Rudelhaltung von Kaninchen und Meerschweinchen artgerecht ist. Jedoch gibt es unter gleichgeschlechtlichen Tieren häufig Meinungsverschiedenheiten, die mit heftigen Bissverletzungen einhergehen können. Somit wird die Haltung von mindestens zwei getrenntgeschlechtlichen Heimtieren favorisiert. Die Kastration der männlichen Tiere vermeidet unerwünschten Nachwuchs. Inzwischen propagieren manche Heimtierärzte auch bei weiblichen Nagern und Hasenarten zur Vermeidung von hormonassoziierten Erkrankungen die prophylaktische Kastration. Da das Narkose- und Operationsmanagement für Heimtiere in den letzten Jahren sehr vorangeschritten ist, wird der Eingriff auch bei weiblichen Kaninchen und Meerschweinchen inzwischen als sicher eingestuft. Freilaufende Katzen werden in aller Regel zur Bekämpfung der Katzenschwemme kastriert. Im Kreis Borken ist seit 2018 die Kastration für Freigänger neben der Kennzeichnung durch einen Chip eine verbindliche Auflage. Dies kann in der Katzenschutz-Verordnung
nachgelesen werden. Reine Wohnungstiere können sich natürlich nicht planlos weitervermehren, so dass überlegt werden kann, seinem Liebling diesen Eingriff zu
ersparen. Jedoch ist das Zusammenleben mit einem intakten Kater olfaktorisch gesehen wahrlich kein Genuss. Weibliche Tiere neigen häufig zur Dauerrolligkeit und stressen ihre Besitzer durch nächtliche Unruhe mit lauten akustischen Signalen. In der Regel bittet der geplagte Besitzer sowohl beim Kater als auch bei der Katze noch während des hormonellen Hochs um den schnellstmöglichen Operationstermin.

Hundebesitzer sind heutzutage bezüglich der Kastration zwiegespalten. Die einen erhoffen sich durch die Kastration ein leichteres Zusammenleben mit dem Tier, da die Läufigkeit möglicherweise als unhygienisch empfunden wird oder Rüden mit einem starken Sexualtrieb schwerer zu händeln sind. Andere Hundebesitzer möchten dem vierbeinigen Familienmitglied die Operation nicht zumuten und nehmen den eventuellen Stress eines intakten Tieres in Kauf. Ich rate den
unschlüssigen Hundehaltern, die Pubertät ihres Lieblings abzuwarten und dann zu beurteilen, ob die Läufigkeit bei der Hündin familiär eine Belastung darstellt oder wie sich der geschlechtsreife Rüde entwickelt hat. Bei Verhaltensproblemen ist die Kastration kein Allheilmittel und ersetzt keinesfalls die konsequente
Erziehung. Um sich sicherer zu werden, kann beim Rüden vom Tierarzt ein Deslorelin-Implantat zur temporären chemischen Kastration für sechs oder zwölf
Monate eingesetzt werden. Diese Methode ist reversibel. Die hormonelle Behandlung von Hündinnen ist dagegen mit Risiken verbunden und sollte gut überlegt sein.

Mein Fazit lautet also: Männliche Kaninchen und Meerschweinchen in artgerechter Rudelhaltung sowie alle Katzen, egal ob Wohnungstiere oder Freigänger, werden am besten kastriert, wenn es sich um reine Liebhabertiere ohne Zuchtverwendung handelt. Die Entscheidung in der Hundehaltung und beim weiblichen Heimtier ist sehr individuell und sollte mit Ihrer Tierärztin oder Ihrem Tierarzt diskutiert werden. Last but not least möchte ich darauf hinweisen, dass nach dem deutschen Tierschutzgesetz immer ein vernünftiger Grund vorliegen muss, um den Eingriff überhaupt zu rechtfertigen. Gründe für die Operation sind eine
medizinische Indikation wie beispielsweise Gebärmuttervereiterung oder Hodenkrebs sowie die Vermeidung der unkontrollierten Vermehrung unserer Klein- und Heimtiere.

Ihnen wünsche ich viel Spaß mit Ihren geliebten Vierbeinern im April und verbleibe mit der Aussicht auf meinen nächsten Artikel „Katzenasthma“.

Ihre Dr. Simone Möllenbeck